Zusätzliches Übereinkommen mit Rumänien
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Während in Brest-Litowsk mit Trotzki um den Frieden gefeilscht
wurde, fühlten sich die in der Walachei und in Siebenbürgen befehligen¬
den Heerführer der Mittelmächte ganz im Ungewissen über das weitere
Verhalten der Rumänen und des russischen Generals Schtscherbatschew,
der — wenigstens dem Namen nach — als Führer der ukrainischen Front
anzusehen war (Bd. VI, S. 741 f.). Zu Focs ani war ja nur ein „provisori¬
scher" Waffenstillstand abgeschlossen worden; der Friede war von den
Beschlüssen einer kommenden russischen gesetzgebenden Körperschaft
abhängig gemacht worden (Bd. VI, S. 736). Auf alle Fälle hielt die
Heeresgruppe Mackensen vier deutsche Divisionen, die ausgelöst waren
und von Mitte Jänner an aus der Walachei abrollen sollten, noch zurück.
Auf Vorschlag des GFM. v. Mackensen trafen sich die Vertrags¬
partner von Focsani am 13. Jänner in Bräila wieder am Beratungstisch,.
Auf Seite der Mittelmächte führte der deutsche Vizeadmiral Hopman
den Vorsitz; GM. v. Hranilovic und Lschkapt. v. Millenkovich vertraten
die Donaumonarchie. Der von Schtscherbatschew und dem rumänischen
Gen. Presan entsandten Abordnung stand der rumänische Admiral Balescu
vor. Allein die Mittelmächte, die hier — statt in der ursprünglich dazu
ausersehenen Hafenstadt Odessa — den Schiffsverkehr auf der Donau
und dem Schwarzen Meere zu behandeln und den Vertrag von Focsani
auszubauen gedachten, sahen sich in ihren Hoffnungen enttäuscht. Die
Rumänen zeigten sich sehr zurückhaltend und standen sichtlich im Banne
der Entente. Das am 14. Jänner unterzeichnete „Übereinkommen" er¬
gänzte nur den im Dezember gefertigten Waffenstillstand, indem seine
Giltigkeit auf das Schwarze Meer erstreckt und hier eine Demarkations¬
linie bestimmt wurde. Auf die Fragen der freien Schiffahrt und auf die
Wiederaufnahme des Handelsverkehres einzugehen, waren die Unter¬
händler aus Jassy nicht ermächtigt. So mußten sich die Vertreter des
Vierverbandes in einem Schlußzusatz auf den Wunsch beschränken, daß
die Verhandlungen über den Schiffsverkehr zur Anbahnung von kul¬
turellen und wirtschaftlichen Beziehungen bald wieder aufgenommen
werden möchten.
In und hinter der einstigen Feindesfront bildeten sich ganz ver¬
worrene Zustände heraus. Der Einfluß des Gen. Schtscherbatschew, der
sich in Jassy nur kraft der rumänischen Bajonette behauptete, auf die russi¬
schen Truppen war gering. Das Verhältnis der Rumänen zu den einst
als Bundesgenossen ins Königreich gekommenen, seit der Revolution
vom Gift des Bolschewismus verseuchten und nunmehr als Landplage
betrachteten Russen war sehr gespannt, fast feindselig geworden. Die
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