Volltext: Das Kriegsjahr 1917 ; 6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ; (6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ;)

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Die Entwicklung der öst.-ung. Wehrmacht im Jahre 1916 
Für die gemeinsame Überwachung und Durchführung des Men¬ 
schenersatzes an der Front wurde eine eigene Zentralstelle geschaffen, 
der „Chef des Ersatzwesens" (S. 67). Diese Schöpfung, von Conrad nicht 
ohne Mißbehagen anerkannt, war vornehmlich dem Einfluß des ungari¬ 
schen Ministerpräsidenten Tisza zuzuschreiben, der seit Kriegsbeginn 
immer wieder wahrnehmen zu müssen glaubte, daß der westliche Staat 
der Monarchie gegenüber Ungarn in der Beistellung von Kämpfern und 
in der Größe der Blutopfer zurückstünde. Gleichfalls auf Wunsch Tiszas 
wurde zum „Chef des Ersatzwesens", der seinen Sitz in Wien nahm, der 
bisherige Honvédminister GO. Freih. v. Hazai bestellt, während FML. 
Szurmay dessen Nachfolgerschaft im ungarischen Kabinett übernahm. 
Die Zusammenarbeit mit den Bundesgenossen auf dem Schlachtfeld 
war durch die Vereinbarungen über die Oberste Kriegsleitung (Bd. V, 
S. 267 und 723) geregelt. Sie wurde technisch nach wie vor durch Ver¬ 
bindungsoffiziere bewerkstelligt. Bei der öst.-ung. Heeresleitung wirkte 
seit Jänner 1915 GM. v. Cramon als deutscher Militärbevollmächtigter, 
dem sich später Obst. Tantiloff als Vertreter Bulgariens und GM. Pertew 
Pascha als Beauftragter der türkischen Heeresleitung beigesellt hatten. 
Von den öst.-ung. Militärbevollmächtigten bei den Bundesgenossen 
trat insbesondere der in Konstantinopel wirkende GM. Pomiankowski 
durch den Umfang seines Tätigkeitsfeldes hervor. Sachlich gilt es wohl 
auch für die letzten Kriegsjahre, daß bei der Entschlußfassung zu ge¬ 
meinsamen Kriegshandlungen dort, wo ausschließlich militärische Er¬ 
wägungen sprachen, das Einvernehmen unter den Verbündeten in der 
Regel nicht allzu schwer herzustellen war. Einschneidende Schwierig¬ 
keiten ergaben sich meist erst dann, wenn die politischen und wirt¬ 
schaftlichen Interessen und Wege irgendwie auseinandergingen, was 
mit zunehmender Kriegsdauer allerdings immer häufiger vorkam. 
Alles in allem war es keine geringe Last, welche die für die Krieg¬ 
führung verantwortlichen Männer in Österreich-Ungarn im Frühjahr 1917 
auf ihre Schultern zu nehmen hatten. Zumal der junge Kaiser und König 
hatte von Anbeginn schwer daran zu tragen. Kam doch bei ihm noch 
ein immer stärker wirkender, tragischer Pflichtenkonflikt hinzu! Einer¬ 
seits hatte er als oberster Befehlshaber der im Felde stehenden Armeen 
nach wie vor alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die dem unverrückbar 
gebliebenen Ziele einer Niederwerfung der Feinde dienten. Anderseits 
unterlag er als Friedensbringer, der er aus tiefstem Gewissen heraus sein 
wollte, außen- und innenpolitisch zahlreichen Hemmungen, denen ein 
nur auf den Krieg eingestellter Fürst nicht ausgesetzt gewesen wäre.
	        
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