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Die Entwicklung der öst.-ung. Wehrmacht im Jahre 1916
und zerstörenden Wirkung dieser Waffe, ihrer für damalige Begriffe
ganz ungewöhnlichen Wurfweite von 1300 Metern *) und der großen
Zahl, in der sie beim Feind in den Kampf eingriff. Wenn auch die
Schätzungen übertrieben waren, die von 8000 schweren Minenwerfern
bei den Italienern allein an der Isonzofront sprachen2), so wurde doch
kaum jemals die Überlegenheit des Feindes an Waffen drückender emp¬
funden, und noch nie war das Verlangen nach einem gleichwertigen
Kampfmittel so heftig aus den Reihen der Truppen erklungen wie eben
der Ruf nach schweren Minenwerfern.
Die Heeresleitung hatte die Bedeutung der Minenwerfer- und über¬
haupt der Nahkampf mittelfrage früh erkannt und sich schon seit dem
Sommer entschiedener mit einer Massenerzeugung dieser Waffe be¬
faßt; doch hatte es lange an befriedigenden Mustern, besonders ;an
solchen für einen schweren Minenwerfer gefehlt. Schließlich wurde im
Herbst ein großer Ausbauplan für diese Waffen beschlossen3). Bei
dessen Durchführung wurde auch von der bisher üblichen Einteilung
der Minenwerfer abgegangen. Leichte Minenwerfer und Granatwerfer
gingen in der Infanterie auf, mittlere und schwere Minenwerfer traten
von den Sappeuren, zu denen sie bisher gehörten, in den Verband der
Artillerie über.
Solch kräftige Ausbaupläne, die immerhin die Erzeugung von rund
900 leichten, 1200 mittleren und 1100 schweren Minenwerfern erforder¬
ten, entsprachen durchaus den Wünschen aller Truppen, die — beson¬
ders am Isonzo — schwer unter der Übermacht der Minenwerfer des
Feindes litten. Es währte freilich noch geraume Zeit, bis die guten Ab¬
sichten zur Wirklichkeit wurden. Ende 1916 standen neben 83 Zügen
des 12 cm- und 100 Zügen des 22 cm-Minenwerfers nur leichte Minen¬
werfer und Granatwerfer in größerer Anzahl an der Front.
Eine weitere wertvolle Ausgestaltung erfuhr die Infanterie in
*) Zu dieser Zeit erreichten die öst.-ung. Minenwerfertypen nur Wurfweiten
von 300 bis 600 Meter.
2) Das AOK. schätzte Mitte Oktober die Zahl der beim Feinde im Kampf
stehenden Minenwerfer auf 2400, davon die Hälfte schwere; auf die Isonzofront
dürften nach der gleichen Schätzung höchstens 800 schwere italienische Minenwerfer
entfallen sein.
3) Jedes Infanterieregiment erhielt einen Minenwerfer- und einen Granatwerfer-
schwarm (zwei 9 cm-MW. und zwei tragbare GW.), weiters jede Infanteriedivision
vier Züge zu je zwei 12 cm-LuftMW. und ebensoviele schwere 22 cm-MW. Eine
namhafte Reserve — etwa so viel als alle Regimenter und Divisionen zusammen —
sollte es dem AOK. ermöglichen, diese wirksame Waffe nach Bedarf einzusetzen.