Volltext: Das Kriegsjahr 1917 ; 6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ; (6. Das Kriegsjahr 1917 ; [Textbd.] ;)

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Der letzte Russenansturm 
russische Hauptquartier gekommen, die Deutschen würden Petersburg 
angreifen (S. 102). Gdl. Alexejew glaubte jedoch nicht mehr recht daran, 
daß der Gegner bei der gewaltigen Übermacht der 1. und der 12. Armee 
— 274 russische Bataillone gegen 99 deutsche — imstande sein werde, 
ein so großes Unternehmen auf Petersburg zu Land und zugleich vom 
Meere her durchzuführen. Er besorgte vielmehr, daß die zum Schutze 
von Petersburg an der Südküste des Finnischen Meerbusen bereitgestell¬ 
ten Truppen in einem Räume festgelegt seien, wo die Deutschen nichts 
Ernstliches unternehmen würden. Einen deutschen Angriff zwischen 
Riga und Smorgon hielt er jedoch für möglich; er entschloß sich daher, 
aus den Streitkräften der 1. und der 12. Armee vier bis fünf Divisionen 
auszuscheiden, um sie im Räume von Polock als Heeresreserve bereit¬ 
zustellen. 
Gdl. Dragomirow, der Ende Mai an Stelle Rußkis Oberbefehlshaber 
der Nordfront geworden war, sprach sich für einen Stoß von Dünaburg 
und zugleich von Smorgon in der Richtung gegen Kowno aus, der gün¬ 
stige Aussichten dann biete, wenn zugleich die Armeen der Westfront 
angreifen würden. Gdl. Alexejew genehmigte diesen Plan; er verzich¬ 
tete auf die Versammlung einer Heeresreserve bei Polock und stellte 
der Westfront die im Monat März an den Kampfabschnitt bei Riga 
entsandten Truppen (112. und 132. ID.) mit einer Artilleriebrigade wie¬ 
der zur Verfügung. Ende Juni oder anfangs Juli hoffte Alexejew, die 
Offensive endlich beginnen zu können. Auf allen Fronten sollte ange¬ 
griffen werden. Sein Plan war es jetzt, den Hauptschlag nördlich vom 
Pripiatj zu führen. Aber das, was Alexejew und Gutsehkow nicht fertig 
gebracht hatten, das russische Heer aus seiner Ohnmacht zu erwecken, 
in die es seit dem Ausbruche der Revolution verfallen war, sollten 
Kerenski und Brussilow vollbringen. 
Kerenskis erstes Ziel war, aus der Armee wieder ein brauchbares 
Machtmittel zu schaffen. Er kündigte sofort nach seinem Amtsantritte 
strenge Bestrafung aller Fahnenflüchtigen an, die bis zum 28. Mai nicht 
eingerückt seien. Allerdings konnte er sich doch nicht von allen revo¬ 
lutionären Neuerungen freimachen. So verlautbarte er denn gleichzeitig 
die „Erklärung der Soldatenrechte" (S. 218) und einen Befehl, betref¬ 
fend die „Offensive von Heer und Flotte". Er glaubte, daß die Er¬ 
klärung der Soldatenrechte die Kampfstimmung heben werde. Aber die 
Begeisterung, die der Ukas bei der Masse der Soldaten weckte, wurde 
jdurch den Befehl über die Offensive wieder gedämpft. Während die 
alten Offiziere von der Wiederaufnahme des Kampfes eine Festigung
	        
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