Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Minenkrieg im Schreckenstein 
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aber an den Hängen der Felsschroffen und in den Scharten waren die 
Verteidiger nach wie vor eingenistet und verwehrten dem Feind den 
Zugang in das Tra venantes tal. Obzwar die taktisch günstigste Abwehr¬ 
linie westlich dieses Hochtales verlaufen wäre, galt es, möglichst lange 
die für die Italiener besonders wichtige Dolomitenstraße zu bedrohen. 
So gewannen die Felstürme der Punta dei Bois (Schreckenstein, von den 
Italienern Castelletto genannt), die wie kleinere Brüder am Westfuße 
der Tofana I aufragen, erhebliche Bedeutung. Der Schreckenstein sperrte 
nicht nur den Zugang zum Beginne des Travenanzestales von Süden her, 
sondern gab auch Tiroler Scharfschützen die Gelegenheit, das Gelände 
bis zur Dolomitenstraße unter zielsicherem Feuer zu halten. 
Da alle Versuche der Italiener, diesen Felsklotz im Sturm zu neh¬ 
men, blutig gescheitert waren, hatten sie schon Anfang Jänner 1916 
beschlossen, zum Minenkrieg zu schreiten. Am 2. April begannen die 
Bohrarbeiten, die in zwei Stollen rasche Fortschritte machten. Mittels 
eines Stollens sollte der Ostturm des Schreckensteins gesprengt werden. 
Ein zweiter Stollen wurde im Tofanahang aufwärts geführt, aus ihm 
sollte der Rücken der öst.-ung. Stellung beschossen werden. 
Die Bohrarbeiten blieben dem Verteidiger nicht verborgen; dieser 
erwartete schon im Juni täglich die Sprengung und traf entsprechende 
Vorkehrungen. Die Italiener versuchten jedoch zunächst ein Ablen¬ 
kungsunternehmen und griffen in der Nacht auf den 9. Juli die Stellung 
der Fontana negra zwischen Tofana I und II an, wo die Kaiserjäger 
des Alpinen Détachements III, von beiden Flanken beherrscht und 
bei Tag völlig abgeschnitten, in aussichtsloser Abwehr ausharrten. Nach 
dreistündigem Kampfe Mann gegen Mann waren die Italiener Herren 
dieses Postens. 
Am 11. Juli frühmorgens wurde der Ostturm des Schreckensteins 
gesprengt1). Doch hatte der alsbald losbrechende Angriff von fünf ita¬ 
lienischen Bataillonen keinen Erfolg. Erst die Rückenwirkung aus dem 
zweiten Stollen, die den Verteidiger in seine Kavernen bannte, brachte 
am 13. Juli den Schreckenstein zum Fall. 
Li der Nacht auf den 30. Juli versuchten die Italiener, den Erfolg 
durch einen Einbruch in das Travenanzestal zu erweitern. Der am Tal¬ 
beginn angesetzte Angriff von acht Bataillonen scheiterte vor der neuen 
!) Die Italiener arbeiteten mit zwei Bohrmaschinen; die Länge der Stollen 
betrug 507 m, das geförderte Material 2200 m3. Die Sprengladung bestand aus 
35 t Sprenggelatine (Piero Pieri, La nostra guerra tra le Tofane [3. Ausg., 
Neapel 1932]).
	        
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