Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Die Offensive der Russen im Sommer 1916 
Kriegsführung früherer Zeiten folgend, den letzten und höchsten Wurf 
um die Entscheidung wagte. Der k. u. k. Armeeoberkommandant, FM. 
Erzherzog Friedrich, richtete einen anfeuernden Aufruf an die Offiziere 
und Soldaten der Armee Tersztyánszky. Das Heeresgruppenkmdo. Lin¬ 
singen sah dem voraussichtlich äußerst schweren Ringen mit der Über¬ 
macht entschlossenen Sinnes mit unerschütterlichem Vertrauen auf die 
Widerstandskraft der Truppen ruhig entgegen. Obst. Hell, der seit 
dem 20. Juli die Geschäfte des Stabschefs führte, war fest überzeugt, 
daß sich auch die altberühmten Garde regime nter des Beherrschers aller 
Reußen vor Kowel nur blutige Köpfe holen würden. 
Betrachtungen zur Brussilow-Offensive 1916 
Aus einem Entlastungsunternehmen zu Gunsten der schwer be¬ 
drängten Italiener erwachsen, ist die Offensive der russischen Südwest¬ 
front die erfolgreichste Kriegshandlung des ersten Halbjahres 1916 ge¬ 
worden. Entgegen allen Führungsgrundsätzen, die ein Zusammenballen 
starker Kräfte in der entscheidenden Richtung gefordert hätten, ließ 
Brussilow seine vier Armeen am 4. Juni an allen Frontteilen anstürmen. 
Wo er nicht durchdrang, hatte er — wie gehofft — wenigstens starke 
Reserven des Gegners gebunden. An zwei Stellen sind ihm aber aus¬ 
gesprochene Durchbrüche geglückt. Die Ursachen dieses Gelingens wurden 
in den vorstehenden Abschnitten eingehend erörtert (S. 410 und 464). 
Am 10. Juni war der Styr von den Russen überwunden und die 
Verbindung zwischen der k. u.k. 4. und der k. u. k. 1. Armee gerissen. 
In breit klaffender Lücke stand der Weg nach Lemberg frei. Am sel¬ 
ben Tage gelang der russischen 9. Armee der Durchbruch bei Okna. 
Hätte Letschitzki in rastloser Verfolgung die bei der Armee Pflanzer- 
Baltin entstandene Verwirrung ausgenützt und den Dniester aufwärts 
nachgestoßen, so hätte er den an der Strypa feststehenden Frontteil 
des k.u. k. Nordheeres von Süden her umfassen und gemeinsam mit 
der im Norden vordringenden Armee Kaledin in eine doppelseitige Um¬ 
fassung verwickeln können. Lemberg von Nordosten und von Südosten 
her zu erreichen, stand durchaus im Bereiche der Möglichkeit. 
Dieser Auffassung war auch die Stawka und, um die Gunst des 
Augenblickes auszunützen, befahl sie am 9. Juni der Südwestfront 
(S.436f.), von Luck über Rawa ruska auf Lemberg vorzudringen. Doch 
gerade jetzt, wo sich wie vielleicht kein zweitesmal während des Welt¬ 
krieges die Gelegenheit bot, nach völlig geglückten Durchbrüchen leicht
	        
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