Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Ergebnis der Feldzüge im ersten Halbjahr 1916 
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der russischen Westfront ebenso wie dem Märzangriff Cadornas am 
Isonzo (Fünfte Isonzoschlacht) nur die Rollen von Entlastungsoffen- 
siiven zugefallen waren. Sodann hatte Conrad durch den in Südtirol 
eröffneten Maifeldzug die Pläne der Alliierten durchkreuzt, so daß 
abermals nur jene Bestimmung des Kriegsratsbeschlusses herhalten 
konnte, die einem angegriffenen Vertragsmitgliede schleunige Unter¬ 
stützung von Seite eines anderen Bundesgenossen durch ein kraftvolles 
Ablenkungsunternehmen zusicherte. Auch in diesem Falle war das 
Zarenreich seinen Verbündeten hilfreich beigesprungen. Hatte der rus¬ 
sische Früh jähr sangriff am Naroczsee die gewünschte, nachhaltige Wir¬ 
kung nicht erzielt, so war Brussilows Junioffensive um so günstiger 
und weit über alles Erwarten erfolgreich ausgefallen. Der Ansturm 
hatte das öst.-ung. Ostheer aufs schwerste erschüttert, seinen Südflügel 
in die Karpathen zurückgeschleudert und den in Wolhynien stehenden 
Nördflügel auf 80 km Tiefe eingebeult. Conrad war gezwungen, seine 
über ihren Gipfel allerdings schon hinausgelangte Offensive gegen Ita¬ 
lien abzubrechen und die beiden Angriffsarmeen in eine geeignete und 
verkürzte Verteidigungsstellung zurückzunehmen. Cadorna hatte seit 
Anfang Juni einen Gegenschlag eingeleitet. Der Kampf um Verdun, 
an dem Falkenhayn „mit möglichst geringem eigenem Aufwand" das 
französische Heer — gleichgültig, ob das Ziel selbst zu erreichen war 
oder nicht — „verbluten" lassen wollte1), wurde für beide Gegner zu 
einer äußerst anstrengenden Kraftprobe. Gen. Joffre wußte die anfangs 
Juni eingetretene Krise — Regierung und Volk forderten in Frankreich 
ungeduldig das ungesäumte Eingreifen Englands, und an der Front 
dachte man bereits an den Rückzug auf das linke Maasufer — durch 
zähe Standhaftigkeit zu überwinden. Seine Landsleute hielten durch, 
bis Albion schlagbereit an ihre Seite treten konnte. Verdun wurde „das 
Sinnbild der Widerstandskraft Frankreichs"2), und die öffentliche Mei¬ 
nung des ganzen Landes war schließlich von der Auffassung durch¬ 
drungen, das Behaupten der Festung sei ein unbedingtes Gebot der 
Nationalehre. Hingegen war der Führer der deutschen Angriffstruppen, 
Kronprinz Wilhelm, schon seit April zur Überzeugung gelangt, daß sich 
*) Falkenhayn, Die Oberste Heeresleitung, 183 f. — Kühl, Weltkrieg, I, 
386, 414. — Am 31. März neigte auch der Deutsche Kronprinz noch der Ansicht zu, 
r,das Schicksal des französischen Heeres werde sich bei Verdun entscheiden .... Die 
französische Offensivkraft wird bei Verdun gebrochen." (Kronprinz Wilhelm, 
Meine Erinnerungen, 187). 
2) Kühl, Weltkrieg, I, 423.
	        
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