Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Die Frage des Oberbefehles über die öst.-ung. Ostfront 
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GO. Conrad war aber bereit, tarn dem auch von ihm als berechtigt: 
anerkannten Wunsche nach Steigerung des deutschen Einflusses auf die 
Führung entgegenzukommen, „die Südarmee lind die 7. Armee bei 
gleichzeitigem Heranführen deutscher Verstärkungen in eine Heeres¬ 
gruppe unter Befehl des GFM. Mackensen zu vereinigen, dem GM. 
Seeckt zur Seite stünde". Für den Fall der Ablehnung seines Antrages 
schlug Conrad vor, diese Heeresgruppe dem GO. Böhm-Ermolli mit 
Seeckt als Stabschef zu unterstellen. 
Falkenhayn war aber von beiden Gegenvorschlägen Conrads nicht 
befriedigt und eröffnete, daß, wenn Mackensen nicht die Befehlgewalt 
im ganzen Gebiet südlich des Pripiatj erhielt, „die Abberufung des Ge¬ 
neralfeldmarschalls aus seiner Tätigkeit auf dem Balkan nicht zu 
rechtfertigen" sei. Es blieb daher, wie Falkenhayn am 14. mit Bedau¬ 
ern über Conrads Weigerung feststellte, „zur Verhütung weiteren Un¬ 
heils nur der weit minderwertigere Versuch mit General v. Seeckt", 
der — wie schon erwähnt (S. 449 und 459) — am selben Tag zum Ober¬ 
stabschef der 7. Armee ernannt wurde. Hiemit war die Frage des Ober¬ 
befehles über die öst.-ung. Ostfront wohl vorübergehend aufgeschoben, 
aber keineswegs aus de:r Welt geschafft. 
Um die Monatsmitte herrschte in Teschen begreiflicherweise eine 
sehr gedrückte Stimmung. Am 13. erschien FML. Ritt. v. Marterer 
der Militärkanzlei im Hauptquartier, um sich im Auftrage des Kaisers 
über die Ursachen der Katastrophe und die gegenwärtige Lage zu 
unterrichten. GO. Conrad stand nicht an, zu erklären, daß er die 
Stellungen der Ostfront für uneinnehmbar gehalten habe, und daß das 
Versagen der 4. und der 7. Armee für ihn eine „völlige Überraschung" 
war. Er eröffnete aber auch, daß er hoffe, durch die eingeleiteten 
Maßnahmen die Schlappe wieder wettzumachen, doch müsse man 
„10 bis 14 Tage Geduld und ruhige Nerven" haben. Der Generalstabs¬ 
chef verabsäumte jedoch auch nicht unter Hinweis auf die Gesamt¬ 
kriegslage anzuregen, „daß die Diplomaten endlich daran gehen sollen, 
sich über Ziel und Mittel ins klare zu kommen und nicht zu glauben, 
daß man Rußland bis zur Erschöpfung bringen könne". Dieser Appell 
zur Beschränkung der Kriegsziele galt — wie Conrad ausdrücklich her¬ 
vorhob — auch für Deutschland. 
Am 15. Juni hatte sich an der Ostfront eine wenn auch trügerische 
Beruhigung eingestellt. Zwischen Pruth und Dniester hatten die Russen 
nach ihrem mißglückten Handstreich auf Czernowitz in ihrem Drängen 
nachgelassen. Auf dem nördlichen Dniesterufer war es — allerdings
	        
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