Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Die Offensive der Russen im Sommer 1916 
selbst ernstlich angegriffen zu sein, nur weil der Anschluß verloren war. 
Auch einzelne höhere Führer faßten voreilige Rückzugsentschlüsse unter 
dem Hinweis, daß das Halten der Stellung mit den erschütterten Trup¬ 
pen nicht möglich sei. Truppe und Führung hatten sich an die Stel¬ 
lung, an die durchlaufende, geschlossene Linie zu sehr gewöhnt gehabt. 
Die ganze Kraft war ja in monatelanger Arbeit mit dem Bau der ersten 
Stellung erschöpft worden, die zweite Stellung aber konnte schon nicht 
mehr so sorgfältig ausgestaltet werden, weil es dafür an Arbeitskräften 
gefehlt hatte. Die dritte Stellung war zumeist nur als angerissener 
Graben und als Linie in den Karten der Stabsquartiere vorhanden. Das 
ganze Stellungssystem glich einer Panzerkuppel mit einer starken 
Außenwand und weichen Innenschichten. Nun war die starke Außen¬ 
wand, die erste Stellung, durchstoßen; um so weniger glaubte man 
daher die hinteren, nur dürftig ausgebauten Stellungen halten zu 
können. Die Führung sah mit dem katastrophalen Einsturz der Stel¬ 
lung den ganzen Verteidigungsapparat auseinandergerissen, und die 
Truppe war entwöhnt, zwischen den Stellungen in offener Feldschlacht 
zu kämpfen. 
Hätten Schtscherbatschew und Letschitzki in diesen Krisentagen 
den Angriff zu beiden Seiten des Dniester gegen den erschütterten 
Gegner mit allem Nachdruck nach Westen weitergeführt, dann wäre 
vielleicht die ganze Kampffront in Ostgalizien unhaltbar geworden. 
Indes erweiterten die Russen ihre Einbrüche nicht nach der Tiefe. 
Sie sparten — was nicht vorauszusehen war — den Raum südlich und, 
nördlich vom Dniester bei ihren weiteren Angriffen zunächst aus. 
Schtscherbatschew entschloß sich hiezu, weil sich die Schlagkraft seines 
linken Flügels mit dem Erreichen des Baryszbaches völlig erschöpft 
hatte. Nun suchte er in seiner umständlichen Art zunächst mit der 
Mitte der russischen 7. Armee und dann mit dem Nordflügel anzu¬ 
greifen, damit die Front des Gegners stückweise eingedrückt werde. 
Die Lage der Südarmee wurde durch Einbrüche beim k. u. k. VI. Korps 
sehr gespannt. Doch schied Bothmer aus seiner schwachen, allerdings 
nicht ernstlich angegriffenen Armeemitte rasch Kräfte aus und warf 
sie an seinen rechten Flügel. In hartnäckigen Kämpfen konnten die 
gefährlichen, gegen die Flanke der Südarmee gerichteten russischen 
Stöße zum Stehen gebracht werden. Dies war der hohen Beweglichkeit 
jener öst.-ung. und deutschen Bataillone zu danken, die gemeinsam unter 
tatkräftiger, geschickter Führung das Höchste zu leisten vermochten. 
Triumphierend hatten die Russen verkündet, daß ihre 9. Armee
	        
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