Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Die Offensive der Russen im Sommer 1916 
Angriff der Engländer zunächst ab, billigte dann aber doch, daß die 
Heeresgruppe Prinz Leopold die Brigade GM. Biss nach Kowel sandte. 
Gleichzeitig ließ er freilich Conrad durch den GM. Cramon vorschlagen, 
die Reserven von der italienischen Front nach Galizien zu überführen. 
Die beängstigend rasche Verschlechterung der Lage bei Luck am 
6. Juni, an welchem Tage die ganze 4. Armee zurückgenommen werden 
mußte (S. 388ff.), veranlaßte Falkenhayn noch um Mitternacht, ernste 
Mahnungen nach Teschen zu richten. Er hielt die dem GO. Linsingen 
bisher zur Verfügung gestellten öst.-ung. Kräfte (89. SchBrig., 29. ID.) 
für unzulänglich und bat Conrad, „die Heranführung ausreichender 
Unterstützungen in die Wege leiten zu wollen". Doch mit Rücksicht auf 
die allerorts gespannte und noch ungeklärte Lage in Galizien wollte 
Conrad außer der 29. ID. von dort zunächst ebensowenig Truppen ab¬ 
ziehen wie von Südtirol. 
Als am 7. die Kämpfe bei Luck eine geradezu katastrophale Wen¬ 
dung nahmen, drahtete Falkenhayn nach Teschen, ,,daß ohne ganz ent¬ 
schiedene Maßregeln" auf eine Wiederherstellung der Lage am Styr 
nicht zu rechnen sei, und er deshalb die 108. ID. aus dem Bereiche des 
Oberbefehlshabers Ost und das X. Korps aus dem Westen nach Kowel 
absenden werde. Er forderte Conrad auf, alle in Galizien entbehrlichen 
Regimenter gleichfalls raschestens nach Wolhynien zu führen, und lud 
ihn nach Berlin zu einer Besprechung ein. 
Innerlich widerstrebend folgte Conrad dieser Einladung, denn er 
wußte, daß Falkenhayn von ihm die Einstellung der Offensive in Süd¬ 
tirol fordern werde, die er selbst in einem am 21. Mai an GO. Freih. 
v. Bolfras gerichteten Schreiben als „die Lieblingsidee des AOK." be¬ 
zeichnet hatte. 
Über den Verlauf der Besprechung, die am 8. abends stattfand, 
liegen keine Aufzeichnungen vor. Gen. Cramon schreibt aber in seinen 
Denkwürdigkeiten, „Conrad wird nur ungern an diese Unterredung 
zurückdenken" !). Die Grundlage für sie dürfte eine in Teschen noch 
am 7. Juni verfaßte Lagebeurteilung gebildet haben, die Conrad mit¬ 
nahm. Der Leitgedanke, den er in klarer Erkenntnis der Gesamtkriegs¬ 
lage verfolgte, war der, den Russen in Wolhynien raschestens einen 
wuchtigen Schlag zu versetzen2), um dadurch den von ihnen errungenen 
Erfolg und dessen Rückwirkung auf die Westmächte, auf die Neutralen 
und vor allem auf Rumänien wettzumachen. Hiezu waren nach Conrads 
1) Cramon, Bundesgenosse, 59. 
2) Falkenhayn, Heeresleitung, 208.
	        
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