Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

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Die Offensive der Russen im Sommer 1916 
noch ganz tapfer, bis sie gegen Abend dem übermächtigen Ansturm 
der Russen plötzlich erlagen. Der fluchtartige Rückzug und die vor¬ 
zeitigen Brückensprengungen erhöhten die Verluste. Diese Voreilig¬ 
keiten waren ein Zeichen der hochgradigen Nervosität, die allenthalben 
platzgegriffen hatte. Völlig erschöpft ließen sich die zerfetzten Trup¬ 
pen des X. Korps und des Korps Szurmay auf dem westlichen Styr- 
ufer zur Nachtruhe nieder und wurden gar nicht gewahr, daß noch 
während der Nacht auch einige russische Bataillone den Fluß über¬ 
schritten. 
In nachträglicher Kenntnis der Geschehnisse ist die Frage vielleicht 
nicht ganz unberechtigt, ob der in seiner Linienführung nicht sehr 
glücklich angelegte Brückenkopf mit den zermürbten Truppen über¬ 
haupt zu verteidigen war. Erfahrungsgemäß erholen sich geschlagene 
Truppen am raschesten, wenn man sie hinter einem Flußhindernis den 
Einwirkungen der Verfolgung entzieht. Das wäre hier durch einen noch 
am 6. abends bis hinter den Styr ausgeführten Rückzug, den das 
4. Armeekmdo. am 6. vormittags auch in Erwägung gezogen hatte 
(S. 389), zu erreichen gewesen. Doch Luck war seit dem Herbstfeld¬ 
zug 1915 zu einem Palladium der k. u. k. 4. Armee geworden. Es ist 
verständlich, daß man den mit so viel Blut erkämpften festen Platz 
und den unter vielen Mühen erbauten Brückenkopf nicht ohne äußerste 
Gegenwehr preisgeben wollte. 
Was sich am 8. und 9. westlich von Luck begab, war nur eine 
natürliche Folge der vorangegangenen Ereignisse. Man muß sich sogar 
wundern, daß Brussilow seine bis zum Überschreiten des Styr bei Luck 
errungenen Erfolge nicht zu einem entscheidenden Durchstoß in der Rich¬ 
tung auf Wladimir-Wolynski erweitert hat. Bis zum Erreichen des Styr 
haben die Russen in der taktischen Führung keine Fehler gemacht. So 
hatten sich denn auch alle Geschehnisse in lückenloser Folge zu Ungun¬ 
sten der k. u. k. 4. Armee ausgewirkt. Am Styr angelangt, hielt jedoch 
Brussilow den Blick auf Kowel gerichtet, mit einem Auge schielte er 
auch besorgt gegen Norden, weil er von dort einen deutschen Gegen¬ 
angriff befürchtete. Daß er mit seinen großen Reiterscharen Kowel auch 
auf dem Umwege über Luck und Torczyn hätte erreichen können, oder 
daß er in südwestlicher Richtung durch die aufspringende Lücke gegen 
Lemberg vordringen und die galizische Front des Gegners in der Flanke 
hätte bedrohen können, ist ihm zum Heile des Verteidigers entgangen1). 
GM. Berndt, der Generalstabschef des 4. Armeekmdos., schrieb in 
1) D i a k o w, Brussilow und seine Reiter (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933, 9 ff.).
	        
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