Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

142 Österreich-Ungarns Heer vom Karpathenwinter bis zum Frühjahr 1916 
Masaryk übernommen, der im Dezember 1914 mit einem Passe der Re¬ 
gierung sein Vaterland verlassen hatte und bei den Hußfeiern in Zürich 
und Genf, Juni 1915, der „Auslandsrevolution" ihr Programm gab: Ver¬ 
einigung aller politischen und propagandistischen Kräfte unter beson¬ 
deren „Nationalräten", finanzielle Unabhängigkeit der Bewegung von den 
Mächten und Aufstellung von „Legionen", die als Kampftruppen an der 
Seite der Entente die „Befreiung" ihrer Völker auch durch Blutopfer er¬ 
kaufen sollten1). 
Was im besonderen die Bildung von Legionen anbelangte, so kamen 
dafür teilweise Auswanderer und Kolonisten, vor allem aber Kriegs¬ 
gefangene in Betracht. Bis tief ins Jahr 1916 machte sich nur eine tschecho¬ 
slowakische Legion an der russischen Front bemerkbar. Gleich zu Beginn 
des Krieges hatten Kolonisten, zum größten Teil russische Staatsbürger 
tschechischen Stammes, eine tschechische „Druschine" aufgestellt; den 
Kriegsgefangenen wurde der Eintritt erst zu Neujahr 1915 gestattet. In 
der Front durfte die Druschine nicht als Kampfverband, sondern nur im 
Erkundungs- und Werbedienst verwendet werden. Trotz der Hundert¬ 
tausende von Gefangenen wurde erst Ende 1915 ein tschechoslowakisches 
Regiment und im Sommer darauf ein zweites aufgestellt. Zar und Staats¬ 
regierung widerstrebten der Aufstellung von Frei willigen verbänden im¬ 
mer wieder aus völkerrechtlichen Gründen. Dies hatten auch die Süd- 
islawen erfahren müssen, denen die Aufstellung einer aus österreichi¬ 
schen und ungarischen Serben zusammengesetzten Freiwilligendivision 
gleichfalls erst zu Anfang 1916 bewilligt wurde. Viel früher war in 
Amerika aus Auswanderern und Kolonisten eine südslawische Legion 
von einigen tausend Mann entstanden, denen jedoch die Union und 
Großbritannien die Überfahrt nach Europa verwehrten. 
Konnte sich solcherart die „Auslandsrevolution" vorläufig nur in sehr 
umgrenztem Ausmaße zur Geltung bringen, so war sich das AOK. ihrer 
Bedenklichkeit für den Geist der Truppen wie für den Staat überhaupt 
doch von Haus aus bewußt, womit es in der Folge Recht behalten sollte. 
Nach allem lasteten auf der Kriegführung Österreich-Ungarns 
manche Bürden, von denen sich die Führer national einheitlicher Heere 
nur eine sehr geringe Vorstellung machen konnten. Daß die Armee trotz¬ 
dem, auch als es schon tief ins zweite Kriegs jähr ging, noch immer ein 
höchst achtunggebietendes Kriegswerkzeug war, zeugt für die Kraft 
einer viel jährigen Staats- und Soldatentradition, der die schwersten Be¬ 
drohungen bisher nur sehr wenig anzuhaben vermocht hatten, 
x) Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, 174 f.
	        
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