Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

128 Österreich-Ungarns Heer vom Karpathenwinter bis zum Frühjahr 1916 
einsetzenden Gegenstoß begünstigte. Es war die Frage, ob das gleiche 
Verfahren auf anderer Walstatt nicht zur Zersplitterung der Kräfte füh¬ 
ren und wirkungslos bleiben würde; dieser Zwiespalt bildete zusammen 
mit der Vorstellung, daß der entscheidende Kampf jedenfalls in der vor¬ 
dersten Linie zu führen sein werde, so recht eigentlich das Kernproblem 
der bis weit in das Jahr 1917 hinein geübten starren Verteidigung. 
Auch sonst ließen die Erfahrungen keine einheitlichen Schlüsse zu. 
Wie weit die einzelnen Linien von einander entfernt sein sollten, wurde 
ebenso wie der Wert hinterer Linien verschieden beurteilt1). Die Fuchs¬ 
löcher gewannen wohl höchste Wertschätzung, aber es war nicht leicht, 
zu entscheiden, wie groß sie am zweckmäßigsten angelegt werden sollten. 
Dem Wunsche, möglichst rasch die ganze Besatzung unterzubringen, ent¬ 
sprach es, große Deckungen für 30 bis 50 Mann herzustellen; dem stand 
wieder die Tatsache entgegen, daß die Sicherheit mit der Größe ab¬ 
nahm. In waldreichen Gebieten war — besonders zur Verkleidung von 
Erdwänden und für die Schrapnelldächer — viel Holz in die Stellung 
eingebaut worden. Das hatte sich im schweren Artilleriefeuer der Neu¬ 
jahrsschlacht als verhängnisvoll erwiesen; die herumfliegenden Baum¬ 
stämme und Balken erschlugen viele Leute, die Trümmer verrammelten 
die Gräben und behinderten den Verkehr. Jetzt erscholl der Ruf „fort 
mit den Schrapnelldächern!" — aber er drang noch immer nicht bis zu 
allen Teilen der Front durch. Auf die Verkleidung der Wände mit Holz 
konnte man, wo nichts anderes zur Verfügung stand, trotz der Er¬ 
kenntnis ihrer Gefährlichkeit, nicht verzichten. 
Sicherlich sprachen sich in all den schon vor der Neujahrsschlacht 
angebahnten und dann nachher entschieden betriebenen Neuerungen des 
Stellungsbaues bereits die ersten Ansätze der zukünftigen Flächenver¬ 
teidigung aus. Aber bis zu ihrer Durchführung bedurfte es doch auch 
einer wesentlichen geistigen Umstellung. Schließlich, wieviele Linien und 
Stellungen man auch plante und — mit der Zeit — sogar baute, das Ideal 
blieb doch, den feindlichen Ansturm an dem vordersten Graben zerschellen 
zu lassen. Die Truppe selbst drängte dorthin, wo sie mit ihrer unausge¬ 
setzten Arbeit nicht nur die erträglichsten Lebensbedingungen, sondern 
auch die besten Voraussetzungen für den Kampf geschaffen hatte, wo sie 
alle ihre Waffen — und es kamen allmählich zu den vermehrten Maschi¬ 
nengewehren auch Infanteriegeschütze, Granatwerfer, Minenwerfer, da 
und dort selbst einzelne Feldgeschütze hinzu — bereitgestellt hatte. Wenn 
die Führung auch das Gefährliche solcher Anhäufung erkannte, so trat 
!) Max Pitreich, Okna, 43f.
	        
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