Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Erfahrungen aus der Neujahrsschlacht 
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Angriff, blieb der Truppe keine Zeit übrig; auch fehlte es noch fast 
überall an entschiedener Anregung hiezu durch die höheren Stellen. 
Allenthalben vereinigten Führung und Truppe ihre ganze Aufmerk¬ 
samkeit eigentlich auf die — freilich nicht zu unterschätzenden — Ein¬ 
zelheiten des Baues der Stellungen; darüber jedoch, wie man in diesen 
Stellungen den Abwehrkampf zu führen gedachte, gab es kaum eine ein¬ 
heitliche, jedenfalls keine geregelte Vorstellung. Fest stand nur, daß die 
vorderste Linie unbedingt zu halten war, und alle Vorbereitungen zielten 
darauf hin, den Kampf um diese Linie, und zwar in ihr zu führen. 
In dieser Lage trafen die russischen Angriffe um die Jahreswende 
unsere Truppen und Stellungen östlich von Czernowitz und an der Strypa. 
Die Truppen bestanden diese Probe auf das glänzendste. Obgleich das 
nun von den Russen zum ersten Male angewendete mächtige Artillerie¬ 
massenfeuer die Gräben verschüttete, gelang es überall, die heftigen, bis 
zu 16 Sturmwellen tiefen, mit großer Zähigkeit immer wieder versuch¬ 
ten Angriffe blutig abzuwehren. Die Fuchslöcher hatten der Beschießung 
gut widerstanden und bald das anfänglich schwankende Vertrauen der 
Kämpfer gewonnen. Brach der feindliche Angriff nicht schon im Ar¬ 
tilleriefeuer des Verteidigers zusammen, was aber oft der Fall war, so 
gelang es doch der Besatzung fast immer — wenn nicht anders, so durch 
das Verlegen des feindlichen Artilleriefeuers alarmiert — rechtzeitig 
aus den Unterständen zum Nahkampfe mit dem durch das zerschossene 
Hindernis eingedrungenen Feind hervorzubrechen. Aber selbst wenn der 
Feind ein Grabenstück in seinen Besitz bekam, verhinderte der Wider¬ 
stand in hinteren Linien und in rasch besetzten Riegelstellungen jedes 
Vertiefen oder Erweitern des feindlichen Einbruches und die Gegenstöße 
der ganz nahe bereitgestellten kleinen Reserven genügten fast immer, 
das Verlorene wieder in Besitz zu nehmen. 
Bisher hatten in der Abwehr stets zwei widerstreitende Grundsätze 
unentschieden um Geltung gerungen: die Erkenntnis, daß einem einge¬ 
brochenen Feinde am besten durch den einheitlichen, artilleristisch gut 
vorbereiteten, durch starke Truppen ausgeführten Gegenangriff Halt ge¬ 
boten werde, und die Hoffnung, durch zwar vereinzeltes, aber rasches 
Stopfen entstandener Lücken feindliche Anfangserfolge an der weiteren 
Ausbreitung zu hindern. Nun war das letztgenannte Verfahren im großen 
sicherlich auch ein Sinnbild der immer unzureichenden Mittel; wenn es 
diesmal in schmäleren Räumen unzweifelhaft Erfolg gebracht hatte, so 
nicht zuletzt deshalb, weil das Gelände — eine langgestreckte Boden¬ 
stufe hatte die nahe Bereitstellung der Reserven verlangt — den sofort
	        
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