Volltext: Die Ereignisse von Jänner bis Ende Juli 4 : Das Kriegsjahr 1916 1 [Textbd.] (4 : Das Kriegsjahr 1916 ; 1 ; [Textbd.] ;)

124 Österreich-Ungarns Heer vom Karpathenwinter bis zum Frühjahr 1916 
unmittelbaren Nähe, sollten angesichts des bevorstehenden zweiten Kriegs¬ 
winters vor allem den Kämpfern einen heizbaren Raum bieten. Mit wenig 
Aufwand — Häuser und Zäune der Umgebung mußten das erforderliche 
Material liefern — und so rasch wie möglich fertiggestellt, boten sie in 
der Regel höchstens gegen Schrapnellfeuer Schutz. 
In diese anfangs fast ganz aus der Praxis der Truppen hervor¬ 
gehenden Arbeiten griff alsbald auch die Führung ein. Der begründete 
Wunsch, den Stellungsbau, der ja voraussichtlich die nächsten Monate aus¬ 
füllen mußte, auch schon einem bestimmten Abwehrverfahren anzupassen, 
lenkte begreiflicherweise den Blick nach dem Westen und nach der ita¬ 
lienischen Front, wo darin inzwischen reiche Erfahrungen gesammelt 
worden waren. Gewiß ließen sich diese Erfahrungen nicht ohne weiteres 
auf den russischen Kriegsschauplatz übertragen. Standen an jenen Fronten 
den Mittelmächten auf verhältnismäßig engen Räumen die maschinen¬ 
reichen Industriemächte gegenüber, so hatten sie es hier mit einem mehr 
an Menschen als an Kampfmitteln reichen Feinde zu tun, der aber zur 
Kampfführung über unermeßliche Gebiete verfügte. Auch so lange man 
noch glaubte, im Osten mit einer schwächeren Artilleriewirkung beim 
Feinde rechnen zu dürfen, ein Glaube, der übrigens schon im November 
1915 nicht mehr allgemein galt, war der Zwang, die eigene Kraft auf so 
große Ausdehnungen erstrecken zu müssen, bitter genug empfunden 
worden. Und wenn hier der Preisgabe selbst ansehnlicher Geländeteile 
bei weitem nicht jene entscheidende Bedeutung zukam, wie im Westen 
oder gar am Isonzo, soferne nur das Kampf Werkzeug, die Truppe nicht 
allzusehr hergenommen wurde, so hatte es doch als bittere Erfahrung 
des Karpathenwinters und des Herbstfeldzuges 1915 gebucht werden 
müssen (Bd. II, S. 254, Bd. III, S. 80), daß oft ein geringfügiger Einbruch 
des Feindes den Verteidiger zur Zurücknahme ausgedehnter Frontab¬ 
schnitte veranlaßte. Die Ursache dafür lag zum Teil sicherlich in einer 
besonders ausgesprochenen Empfindlichkeit gegen offene Flanken, eine 
Erscheinung, die sich übrigens — bei der Führung zuweilen noch mehr 
als bei der Truppe — auch im Angriff zeigte. Manchmal mochten wohl 
auch noch andere Gründe, wie örtliche Führungsfehler, die gleichmäßige 
und schüttere Besetzung allzu stark gestreckter Fronten, Überanstrengung 
und in selteneren Fällen auch die UnZuverlässigkeit einzelner Truppen, 
mitspielen, um eine unverhältnismäßig große Auswirkung feindlicher 
Teilerfolge herbeizuführen. Wie dem immer gewesen sein mochte, es 
schien jedenfalls nicht länger anzugehen, die Verteidigung auf eine ein¬ 
zige Stellung, die im Wesen selbst nur aus einer Linie bestand, zu stützen.
	        
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