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Die Herbstschlachten an der italienischen Front
Die k.M.k. 5. Armee in Erwartung neuer Angriffe
H i e z u Beilage 27
Wenn auch die Wucht der feindlichen Anstürme gegen das Ende
der dritten Isonzoschlacht merklich nachgelassen hatte, durfte der Ver¬
teidiger nach der ganzen Lage doch nur mit einer vorübergehenden
Unterbrechung der Schlacht rechnen. Auf die baldige Wiederaufnahme
der italienischen Angriffe wiesen die Ablösungen und starken Truppen¬
ansammlungen in und hinter der feindlichen Front hin, an der nirgends
eine Schwächung der Kräfte festzustellen war. Überdies rollten nach
Kundschaftsnachrichten auf allen Bahnen Italiens Züge mit Verstärkungen,
Munition und Kriegsgerät an den Isonzo. Der unausgesetzte nächtliche
Lärm von Fuhrwerken und Kraftwagen hinter den feindlichen Linien
deutete unverkennbar auf die Bereitlegung des für die Fortführung des
Großkampfes benötigten gewaltigen Schießbedarfes hin, was auch von
den Überläufern bestätigt wurde.
Von der öst.-ung. Heeresleitung waren jedoch irgendwelche Ver¬
stärkungen für die bevorstehenden Kämpfe zunächst nicht zu erwarten.
Man hielt in Teschen die 5. Armee nach Abschluß der dritten Isonzo-
schlacht1) trotz der gewaltigen Verluste noch für genügend stark, um
nach Heranführung etlicher Bataillone aus Tirol und aus Kärnten die
italienische Sturmflut wenigstens eine Woche lang ohne den Zuschub von
stärkeren Kräften aufhalten zu können. Die Hauptsorge des Armee¬
führers Boroevic galt demnach der Bildung neuer Reserven im ganzen
Armeebereiche und der Wiederherstellung der gesunkenen Kampfkraft
seiner Divisionen. Durch Rückverlegung in Rastlager und Erholungs¬
unterkünfte, wo den Truppen Ruhe und der bis zur Erschöpfung ent¬
behrte Schlaf nebst reichlicher Verpflegung gewährt wurden, hoffte die
Führung nach dem Einreihen der Ersätze die volle Schlagfertigkeit der
abgekämpften Verbände bis zum Beginn des erwarteten nächsten An¬
griffes wieder zu erreichen. Durch die Aufteilung der Marschformationen
konnten die Regimenter des am meisten hergenommenen VII. Korps auf
i) Die Gesamtverluste in der dritten Isonzoschlacht waren bei den öst.-ung.
Streitkräften trotz der längeren Dauer und größeren Erbitterung der Kämpfe verhält¬
nismäßig hinter jenen der zweiten Schlacht zurückgeblieben. Zu erklären war dieser
günstige Umstand teilweise durch den Fortschritt in der Ausgestaltung des Kampf¬
feldes, vornehmlich aber durch die zweckmäßigere Gruppierung der Kräfte sowie
durch die wohlüberlegte Verwendung der Reserven, wobei man hauptsächlich ein Ver¬
mengen der Verbände, soweit es im Großkampfe überhaupt möglich war, verhindert
hatte; dadurch war Ruhe in der Gefechtsführung erzielt worden.