Volltext: Von der Einnahme von Brest-Litowsk bis zur Jahreswende 3 : Das Kriegsjahr 1915 2 [Textbd.] (3 : Das Kriegsjahr 1915 ; 2 ; [Textbd.] ;)

Der Gegensatz zwischen Conrad und Falkenhayn 
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er sich noch einmal gegen alle von diesem bei der letzten Besprechung 
vorgebrachten Beschwerden verwahrte. Hatte Conrad eine der aus der 
Front Mackensens entnommenen deutschen Divisionen für Galicien erbeten, 
so erklärte Falkenhayn, „leider keine Abhilfe schaffen zu können", da es 
sich ausschließlich um den „Verantwortungsbereich" seines österreichi¬ 
schen Kollegen handle. Was die ins Banat zurückgeführten Kräfte 
anlangt, so sei die DOHL. durch frühere Vereinbarungen keineswegs 
verpflichtet gewesen, deutsche Truppen länger als unbedingt nötig „in 
Serbien hungern und ... dem Flecktyphus ausgesetzt zu lassen". Auch die 
Ausführbarkeit des von Conrad am 9. aufgeworfenen Gedankens, deutsche 
Divisionen in den Raum südöstlich von Pristina zu werfen, bestritt Falken¬ 
hayn aufs neue mit dem Hinweis auf die Entfernung, die Versorgungs¬ 
schwierigkeiten und auf die starke Überlastung der von Leskovac nach 
Vranje führenden Straße. Bezeichnenderweise schloß Falkenhayn seine 
Erörterungen mit der Entschuldigung: „Wenn ich hin und wieder etwas 
akademisch geworden bin, so bitte ich darüber hinwegsehen zu wollen. 
Es ist mir nicht gelungen, alle Themata, die ich zu behandeln hatte, auf 
andere Weise klarzustellen." 
Conrad gab in seiner kurzen Erwiderung die Versicherung, mit 
seinen früheren Ausführungen keine Polemik, sondern nur eine Klärung 
der Meinungen beabsichtigt zu haben; im übrigen sei jeder weitere 
Meinungsaustausch zwecklos, da es sich schon um Vergangenes handle. 
In dem einen Punkte stimme er Falkenhayn zu, daß über ein etwaiges 
gemeinsames Vorgehen gegen die gelandeten Ententestreitkräfte erst in 
beiläufig vier Wochen zu beschließen sein werde. 
Daß bei diesen nicht gerade erquicklichen Auseinandersetzungen 
die Verschiedenheit der Charaktere und Temperamente, wie sie durch 
GLt. Cramon in seinem Buche1) so plastisch geschildert wird, eine er¬ 
hebliche Rolle spielte, ist sicherlich nicht in Abrede zu stellen. Die Mi߬ 
helligkeiten zwischen den beiden Chefs fußten aber doch auch auf 
starken sachlichen Gegensätzen, wie sie nun einmal in Koalitionskriegen 
unvermeidlich sind. Für Falkenhayn sank, zumindest seit die Verbin¬ 
dung nach Konstantinopel geöffnet war, die Balkanhalbinsel wieder 
völlig in die Rolle eines Nebenkriegsschauplatzes zurück2). Er mochte 
sich von Tag zu Tag aufs neue in seinem Gewissen fragen, ob es die 
Interessen Deutschlands und die Lage im Westen noch rechtfertigen 
!) Cramon, 22 ff. 
2) Falkenhayn, Heeresleitung, 152 ff.; 2 w e h 1, Erich v. Falkenhayn (Berlin 
1926), 161.
	        
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