196
Die Eroberung Serbiens
besonders deutlicher Weise den Charakter der „Materialschlacht" trug,
noch in wechselnder Heftigkeit fort. Aber den Anfangserfolgen, die die
gewaltig überlegenen Angreifer zu erringen vermocht hatten, war keinerlei
Entscheidung gefolgt. Die Abwehrmauer der Deutschen wies vorüber¬
gehend nicht ungefährliche Breschen auf, stand aber in ihrer Gesamt¬
heit unerschütterlich fest. So war es nun Joffre selbst, der sich vor Mitte
Oktober nach London begab, um dort den letzten Widerstand der Eng¬
länder gegen eine Erweiterung des Saloniki-Unternehmens zu überwinden.
Der Entschluß, bei Saloniki nunmehr unter dem Befehl des französischen
Gen. Sarrail allgemach 150.000 Mann zusammenzuziehen, wurde den
Machthabern nicht wenig durch die wachsende Erkenntnis erleichtert,
daß man schließlich doch Gallipoli werde räumen müssen. Für die Serben
hatte diese Botschaft im Augenblick allerdings keinen besonderen Wert.
Sie standen seit Tagen in schwerer Schlacht, die über das nächste Schick¬
sal des Landes entscheiden sollte, ehe es der Entente gelingen konnte,
irgendeine Hilfe zu senden.
Die militärische Lage in Serbien und, Montenegro
zu Anfang Oktober f
Unterdessen hatten die Serben im Laufe des Monats September er¬
hebliche Teile ihres Heeres an die Ostfront verschoben (S. 193). Um die
Monatswende stand in Nordwestserbien, an der Drina und an der Save,
die aus der Uzicegruppe, der Sokolbrigade, der DonD.XI, der DrinD.II
und der MorD.II zusammengesetzte 1. Armee unter dem Woiwoden
Misic. Im Abschnitt von Belgrad verfügte Gen. 2ivkovic zwischen Ostruz-
nica und Grocka in einer Front von 50 km nur über 20 Bataillone dritten
Aufgebotes und über 75 Geschütze1). Von Grocka donauabwärts bis
Prahovo waren etwa 24 Bataillone (Branicevo- und Krajinadetachement)
der 3. Armee, Gen. Jurisic-Sturm, in weitgespannter Postenkette verteilt,
während zwei Divisionen (DonD.I und DrinD.I) bei Semendria—Palanka
an der Pforte des Moravatales versammelt waren. Bei Knjazevac, Zajecar
und Negotin stand die unter Gen. Gojkovic neugebildete Timokarmee-
gruppe (Negotiner Gruppe, KombD., SumD.II und Truppen des dritten
Aufgebots). Die bei Nis, Pirot, Vlasotince und Vranje aufmarschierten
Streitkräfte (Tumbagruppe, MorD.I, TimD.I, SumD.I, KD., Viasina¬
gruppe) bildeten die vom Woiwoden Stepanovic geführte 2. Armee. Bei
Egri-Palanka, im Bregalnica- und im Vardartal schützten 31 Bataillone
i) Serb. Gstb.W., IX, 66.