Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Beginn des Zermürbungskrieges im Südwesten 
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bezweifelt. So stellt Kühl vor allem nicht mit Unrecht die Frage, ob sich 
die Italiener bei ihrem zögernden Vorgehen den an den Gebirgsausgängen 
lauernden Streitkräften der Mittelmächte überhaupt so bald gestellt hätten, 
und er meint, daß dann eingetreten wäre, was schon Falkenhayn in seinen 
Denkwürdigkeiten sagte x) : „So wäre die Lauerstellung in den Gebirgs- 
becken [von Laibach und Villach—Klagenfurt] wahrscheinlich darauf 
hinausgekommen, daß gegen Rußland, Serbien und Italien gar nichts 
Entscheidendes geschah, indem man abwartete, was die Feinde zu tun 
belieben würden.46 Dazu kam noch das große Fragezeichen, ob eine 
nicht unerheblich geschwächte Front gegen Rußland den gegen Italien 
angesetzten Armeen auf die Dauer wirklich eine unbedingt verläßliche 
Rückendeckung hätte bieten können. So lohnte es sich denn, daß der 
öst.-ung. Generalstabschef schließlich dem Drängen seines reichsdeutschen 
Kollegen nachgab und die vom Balkan herangebrachten Korps bis an den 
Isonzo vorführen ließ. 
Erst eine Woche, nachdem die k. u. k. 5. Armee ihren Aufmarsch im 
Görzischen und in Friaul vollendet hatte, setzten die Italiener zum ersten 
großen Angriff an. Wenn der Kräfteunterschied auch ein ganz gewaltiger 
war, so konnte der Verteidiger den feindlichen Ansturm fürs erste doch 
ohne äußerste Kraftanspannung abwehren, nicht zuletzt deshalb, weil 
ihm der beim Angreifer herrschende Mangel an Kriegserfahrung bestens 
zustatten kam. Viel schwieriger wurde es ihm von den unter der Führung 
todesmutiger Offiziere mit Elan angreifenden Italienern schon in der 
zweiten Isonzoschlacht gemacht. Es gab kritische Stunden, in denen der 
Ausgang des Kampfes an einem Faden zu hängen schien — bis es endlich 
der unvergleichlichen Tapferkeit der Truppe gelang, dem zahlenmäßig 
noch immer weit überlegenen Feinde abermals Halt zu gebieten. 
Als zu Anfang August die Streiter am mittleren Isonzo und in der 
Karstwüste von Doberdò ermattet die Waffen senkten, da war es beiden 
Heeresleitungen klar, daß dieser Kampfraum, an den sich nun die Haupt¬ 
kräfte gefesselt sahen, bei seiner räumlichen, ausgreifende Manöver 
verbietenden Begrenztheit und bei der Eigenart des Kampfbodens eine 
besondere Kriegführung erfordere. 
Cadorna befreundete sich unter diesen Eindrücken immer mehr 
mit der seinem Denken auch sonst angepaßten Auffassung, daß an die 
Stelle des Angriffskrieges mit weitgesteckten Zielen mehr oder minder 
ein mühsamer Zermürbungskrieg zu treten habe. Der Entschluß mochte 
ihm umso leichter fallen, als die Zeit mindestens nicht gegen Italien 
!) Falkenhayn, 80.
	        
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