Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

788 
Die Sommerschlachten gegen Italien 
politische Fragen nur dann erörtert werden sollen, wenn sie in unmittel¬ 
barem Zusammenhange mit der eigentlichen Kriegführung stehen. Aus 
dem gleichen Grunde konnte die auch heute noch umstrittene Frage un- 
erörtert bleiben, ob es den Mittelmächten möglich gewesen wäre, den 
früheren Verbündeten zu anderem Handeln zu veranlassen. Wohl aber 
war es unvermeidlich, durch Anführung besonders eindrucksvoller Zeug¬ 
nisse (S. 507 ff.) die Stimmung zu kennzeichnen, die in der Stunde 
schwerster Not der Eintritt Italiens in den Krieg zu Pfingsten 1915 bei den 
Führern des Donaureiches und seinen Völkern hervorgerufen hat. Ohne 
deren Erwähnung wäre die verbissene und stolze Entschlossenheit, mit 
der an die Abwehr dieses neuen Feindes geschritten wurde, nie und 
nimmer zu verstehen gewesen. 
Das Ziel, das dem verantwortlichen Führer des italienischen Heeres, 
GLt. Cadorna, vorgeschwebt hatte, war fürs erste, dem offiziellen Mobili¬ 
sierungsbefehle und der Kriegserklärung den Vormarsch über die Grenze 
auf dem Fuße folgen zu lassen. Bedenkt man, daß diesem ersten histori¬ 
schen Akte des italienischen Krieges eine Vorbereitungszeit von über neun 
Monaten vorausgegangen war, so war es sicherlich kein übermäßiger 
Optimismus, wenn sich die neuen Verbündeten vom Eingreifen Italiens 
eine rasche, kriegsentscheidende Wendung erhofften. Und nicht minder 
waren die Besorgnisse berechtigt, mit denen die leitenden Persönlich¬ 
keiten der Mittelmächte, zumal Österreich-Ungarns, dem Anmärsche des 
neuen Feindes entgegensahen. Daß sich weder die Hoffnungen der einen, 
noch die Besorgnisse der anderen erfüllen sollten, gehört zu den größten 
Rätseln, die der Weltkrieg den rückschauenden Beurteilern auferlegt. 
Sicherlich ist es den italienischen Kritikern zuzubilligen, daß die 
Bereitschaft des italienischen Heeres bei Kriegsausbruch trotz der langen 
Vorbereitung noch mancherlei zu wünschen übrig ließ und daß an dem 
Tage, da die von der Entente bewilligte Frist ablief (S. 415), kaum die 
Hälfte der Divisionen schlagbereit an der Grenze stand1). Gewiß be¬ 
rechtigte auch der Mangel an Kriegserfahrung gegenüber einem schon 
kriegsgewohnten Gegner die italienischen Führer zu gewisser Vorsicht. 
Trotzdem ist es nach der heutigen Kenntnis der Lage kaum zu bezweif eln, 
daß ein wagemutigerer, weniger methodischer Führer als Cadorna mit 
den 400.000 Streitern, die zu Pfingsten an der venetianischen Grenze 
aufmarschiert waren und sich binnen drei Wochen mehr als verdoppeln 
sollten, die 100.000 Landstürmer, auf die er zunächst traf, und die erst 
*) Vgl. neben verschiedenen in diesem Bande schon angeführten Werken auch 
Alberti, L'azione militare, 31 ff. und 47 ff.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.