Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

728 
Der Feldzug von Brest-Litowsk 
bieten schien. Nachrichten über eine erhebliche Verstärkung der Russen 
zwischen Bug und Weichsel und über ein Versteifen ihres Widerstandes 
an dieser Hauptangriffsfront veranlaßten vielmehr das Heeresgruppen- 
kmdo. am 18. Juli, die k. u. k. 1. Armee zum Halten zu befehligen. Mitte 
August aber, als die Bugarmee dann doch östlich des Flusses, der ihr 
den Namen gegeben hatte, vorzudringen begann, waren die Ereignisse 
schon so weit ausgereift, daß ein gewiß auch manche Gefahr in sich 
bergendes weiteres Ausholen gegen Osten keine entscheidende Wirkung 
mehr versprach. Immerhin wäre es noch denkbar gewesen, auf dem 
rechten Flügel der Hauptangriffsmasse stärkere Kräfte zu einem tiefen 
Stoß in das Wirrsal der russischen Streitermassen zusammenzuraffen. 
Aber man wagte sich nicht in das Sumpf- und Seengelände südwestlich 
von Wlodawa hinein. Das Schwergewicht des Angriffes wurde viel¬ 
mehr noch weiter gegen links verlegt, nach der Richtung Parczew hin. 
Jedes Hinübersinken nach Westen erleichterte es aber den Russen, sich 
aus der Umklammerung zu lösen, in der sie lange genug, bis in die 
zwölfte Stunde, auszuharren gewagt hatten. 
Die Vorstellung, die Sumpf gebiete seien für größere Heereskörper 
nicht betretbar, erwies sich später als falsch. Sie war aber nicht die ein¬ 
zige Ursache einer Kriegführung, die auf weiterreichende Erfolge ver¬ 
zichtete. Das Bedenken, bei nach Osten ausholenden Bewegungen aus den 
Weiten des russischen Raumes selbst in der Flanke gefaßt zu werden, 
mochte nicht minder dazu beigetragen haben. 
Das bei der Ausdehnung des Kriegstheaters schüttere, von den Russen 
schwer beschädigte und aller Betriebsmittel beraubte Bahnnetz konnte 
nur unter großem Zeitaufwand wiederhergestellt und auf mitteleuro¬ 
päische Spurweite gebracht werden. Der Nachschub bereitete wachsende 
Schwierigkeiten. Es ist bewundernswert, daß die bei Brest-Litowsk kämp¬ 
fenden k. u. k. Truppen von den Bahnendpunkten westlich der Weichsel 
auf 150 km Luftlinie überhaupt versorgt werden konnten. Trotzdem er¬ 
forderte die Kriegslage, dem im Rückzug überaus geschickten Feind an 
den Fersen zu bleiben, so daß das Zusammenziehen stärkerer Kräfte 
auf mannigfaltige Hindernisse gestoßen wäre. Es ist nicht zu vergessen, 
daß der gewaltige Feldzug auch so, wie er geführt wurde, die größten 
Anforderungen an die Truppen stellte. Zutreffend sagt der auch heute 
noch unübertroffene Barde des Weltringens, Hermann Stegemann, in 
seiner „Geschichte des Krieges1)": „Der Feldzug hatte tiefe Lücken ge¬ 
rissen. Jeder Tag hatte Blut gefordert, Dysenterie und Flecktyphus 
*) Stegemann, Geschichte des Krieges, III. Bd. (Stuttgart 1919), 360 f.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.