Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Einzug der 2. Armee in Lemberg 
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Brussilows noch möglichst Abbruch zu tun. Das IV. Korps sollte nord¬ 
westlich von Lemberg die Nordflanke des XIX. sichern. Als der Abend 
herabsank, bezogen die beiden südlichen Korps an der Straße Mikolajów 
—Lemberg ihre Lager; die Kavalleriegruppe des GM. Berndt, 4. KD. 
und l.LstHusBrig., hielt sich vor ihrer Mitte bereit, zu frühester Morgen¬ 
stunde die Verfolgung aufzunehmen. Das XIX. und das IV. Korps schoben 
ihre Sicherungstruppen in die Linie D±winogród—Gaje—Barszczowice und 
auf die Höhen westlich von Jaryczów-Nowy vor. Das Beskidenkorps 
kämpfte noch um die Höhen bei Zoltance. Der rechte Flügel der 11. Armee 
war dem weichenden Feinde in die Waldungen östlich von 2olkiew, in 
den Raum südlich von Turynka und bis Zameczek gefolgt. Der auf 
MostyWielki entsandten ll.HKD. stellte sich nachmittags eine Feind¬ 
gruppe bei Turynka entgegen. Mit festem Griff angepackt, wich diese 
gegen Bojaniec und wurde nachts bei Derewnia neuerlich geworfen. 
Der linke Flügel der deutschen 11. Armee hatte bei Brusno Str. seine 
Stellungen vorzuschieben vermocht. 
In der vierten Nachmittagsstunde war GdK. Böhm-Ermolli mit 
seinem engeren Stabe in Lemberg eingezogen. Ehrlicher Jubel begrüßte 
ihn. Nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Bevölkerung hatte sich 
der Russenherrschaft völlig verschrieben. Kaiser Franz Joseph ordnete 
ausdrücklich an, daß keine „förmliche Verfolgung" der Verfehlungen 
platzgreifen dürfe. Die überwiegende Mehrheit der Einwohner von Lem¬ 
berg hatte, zumal seit der Panslawist Graf Bobrinski das Zepter führte, 
Schweres über sich ergehen lassen müssen. Sie atmete auf, als da;s 
letzte Mitglied der Ochrana die Stadt verließ. 
Der moralische Eindruck, den die Wiedergewinnung von Lemberg 
in aller Welt hervorrief, übertraf noch die militärische Bedeutung, die 
dem Ereignis zukam. Dies war auch im Innern der Monarchie deutlich zu 
merken. Wer immer zwischen Bregenz und Czernowitz, zwischen Boden¬ 
bach und Cattaro zum Reiche stand, schöpfte aus der Siegesbotschaft 
neue Zuversicht auf ein glückliches Ende, und auch diejenigen, die in 
ihrer Treue wankend geworden waren, begannen sich bis auf weiteres 
wieder mit einem Staate abzufinden, der ihnen zwar nicht die nationale 
Unabhängigkeit, aber kulturelles und wirtschaftliches Gedeihen verbürgt 
hatte. Tiefe Wirkung rief die Eroberung von Lemberg auf dem Balkan 
hervor, bei Serbien, das die letzten Offensivpläne zurückstellte, wenn 
solche überhaupt noch bestanden hatten, bei Rumänien und Griechen¬ 
land, wo die Verfechter der Neutralität wieder die Oberhand gewannen, 
und bei Bulgarien, das nunmehr den Faden der Verhandlungen über
	        
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