Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Heerführung und Nachrichtenmittel 
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gefordert, daß deren Ausharren bei den geringen artilleristischen Mitteln 
sehr fraglich geworden wäre. Auch ist es nicht zu leugnen, daß manche 
Heereskörper eine größere Empfindlichkeit gegen Flankenangriffe auf¬ 
wiesen und daher zu Umgehungsmanövern weniger geeignet waren. 
Gewiß brachte dieses Maßhalten in den Kampfzielen die Führung das 
eine- oder anderemal um eine glänzende Erfolgsmöglichkeit. Doch ist 
ein wirkliches „Cannae" im Geiste Schlieffens auch von der deutschen 
Armee im Weltkriege nur ein einziges Mal, bei Tannenberg, mit Erfolg 
geschlagen worden. 
Das ungünstige Kräfteverhältnis, das Fehlen eines ausreichenden ar¬ 
tilleristischen Rückgrates und die Unterschätzung kräftesparender Ab¬ 
wehr hatten wohl auch eine zweite Erscheinung im Gefolge : daß es trotz 
der zweifellos bestehenden theoretischen Erkenntnis nur selten gelang, 
im entscheidenden Räume ein Höchstmaß an Kräften zu entscheidendem 
Handeln zusammenzuziehen. Die Schlachten gewannen vielfach das Bild, 
das Jahre vor Kriegsbeginn der damalige k. u. k. Gstbsobst. v. Csicserics1) 
auf Grund seiner persönlichen Erfahrungen im russisch-japanischen Krieg 
entworfen hatte. 
Was die Kenntnis der Lage beim Feinde anbelangt, so litt der erste 
Feldzug im Norden stark unter der geringen Einschätzung, die man den 
gegen Ostgalizien vorgehenden russischen Kräften zuteil werden ließ. 
Bald aber eröffnete das Abhorchen und Entziffern russischer Funksprüche 
der Führung aller Grade ein Nachrichtenmittel von unübertrefflichem 
Werte. Der Radiohorchdienst2), der die Karten der Russen fast immer 
in einem den weitesten Ansprüchen genügenden Ausmaße und nicht selten 
früher als für ihre eigenen Führer aufdeckte, wog für die Verbündeten 
— das darf ohne Übertreibung gesagt werden — Armeen auf. Der in 
früheren Kriegen so wichtige Kundschaftsdienst trat diesem Nachrichten¬ 
mittel gegenüber um so mehr beinahe ganz in den Hintergrund, als gerade 
Ausforschungen operativer Natur meist viel zu spät eingelangt wären. 
Ebenso erzielten strategische Luft- und Kavallerieaufklärung, jene vor 
allem wegen des Mangels an geeigneten Flugzeugen, nicht im entferntesten 
das, was der Radiohorchdienst einbrachte. In der Gefechtsberührung wurden 
die Ergebnisse der strategischen Erkundung durch die Einvernahme von 
Überläufern und Gefangenen wertvoll ergänzt, so daß sich ein bis ins 
einzelne ziemlich getreues Bild über die Lage beim Feind ergab. Der 
1) Csicserics, Die Schlacht (Wien 1908). 
2) Über Entstehung und Geschichte des Radiohorchdienstes vgl. Ronge, Kriegs¬ 
und Handelsspionage (Wien 1930), 52 f.
	        
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