Iwanows Anordnungen für die Armeen der Südwestfront
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vor allem hervor, daß sich die russische Führung zu dem Entschluß
durchgerungen hatte, den Südflügel der 4. Armee entgegen verschie¬
denen Vorschlägen nicht schon gleich hinter die Weichsel zurückzunehmen,
sondern in der Linie Opatow—Tarnobrzeg—Rozwadów eine Flanken¬
stellung gegenüber den gegen den San vordringenden Streitkräften der
Mittelmächte beziehen zu lassen. Die Besetzung des San-Weichselwinkels
sollte neben anderen Truppenteilen das von der Nordwestfront heran¬
geführte XV. Korps übernehmen. Eine solche Aufstellung konnte nicht
bloß der Armee Dimitriew Entlastung bringen, sondern auch als Sprung¬
brett für die Wiederaufnahme einer Offensive dienen.
Von der 3. Armee hatten sich die drei nördlichen Korps, IX., X.
und III. kauk., zwischen Rozwadów und der Wislokmündung auf dem
überhöhten Ostufer des San festzusetzen. Die drei südlichen Korps,
XXIV., XXI. und XII., wurden, nicht zuletzt auf Wunsch der Korps-*
führer, im Brückenkopf von Jaroslau und weiter bis zum Gürtel von
Przemysl auf dem Westufer des Flusses belassen. Die Verteidigung von
Przemysl — und zwar nur als eines Teiles der Feldstellung (S. 363) —
übertrug Iwanow dem VIII. Korps der 8. Armee, um die zur Schlacke
ausgebrannte 3. Armee zu entlasten. Die Masse der 8. Armee war an¬
gewiesen, sich im Anschluß an Przemysl mit fast gegen Süden gerich¬
teter Front auf der Landesschwelle südlich von Mosciska und am
Dniester nordöstlich von Sambor zu entschiedenem Widerstand einzu¬
richten. Der 11. Armee war der Dniester abschnitt von südlich von Ko-
marno bis Bukaczowce, der 9. jener von da bis über Zaleszczyki hinaus
und dann die Reichsgrenze zwischen Dniester und Pruth zur Deckung
überwiesen. Doch hatte Letschitzki diese Aufgabe jedenfalls in möglichst
weit gegen die Karpathen vorgeschobener Stellung und möglichst an¬
griffsweise zu erfüllen, und auch dem Gen. Schtscherbatschew scheint
.sehr bald eine solche Lösung aufgetragen worden zu sein, wiewohl ihm
der Befehl vom 13. Mai das Eintreffen unmittelbar südlich vom Dniester
schon für den 15. vorgeschrieben hatte.
Diese Weisungen an den linken Heeresflügel waren nicht zuletzt
von politischen Erwägungen in bezug auf Rumänien diktiert. Allerdings
legte die Stawka keinen übermäßigen Wert auf eine tätige Mitwirkung
dieses Landes an der Seite Rußlands, ja sie stand einer solchen sogar
mit gemischten Gefühlen gegenüber1). Sie war zufrieden, wenn Rumä¬
nien in der Neutralität verblieb. Umso mehr betonte der Großfürst-
Generalissimus in einer Depesche an den französischen Höchstkomman-
*■) Das zaristische Rußland im Weltkriege, 204.