Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

Pläne der Russen und der öst.-ung. Heeresleitung 
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Kraft auf das gegnerische Karpathenheer zu werfen. Auf die hierüber 
nach Zarskoje Selo erstattete Meldung bemerkte der Zar: „Gerade dies 
würde auch ich machen." 
Die von Iwanow im Hauptangriffsraum verfügte Gruppierung läßt 
Rückschlüsse auf die Absichten der Russen zu. Durch die Gewinnung 
des Bahnknotenpunktes Homonna sollte der Karpathenverteidigung des 
Gegners ein tödlicher Stoß versetzt werden. Zu einem solchen Kampf¬ 
ziel lud auch die weit vorspringende Stellung der Gruppe Tersztyánszky 
besonders ein. Ihr gegenüber, wie überhaupt vor den inneren Flügeln der 
Armeen Böhm-Ermolli und Boroevic, ballten Brussilow und Dimitriew die 
stärksten Kräfte zusammen. Weniger eindrucksvoll gibt sich aus dem 
Aufmarsch der Russen ihr Wille kund, über Bartfeld gegen Eperjes vor¬ 
zudringen. Die Absicht hiezu ist dennoch nicht zu bezweifeln. 
Der Fall von Przemysl sollte an diesen Plänen nichts Wesentliches 
ändern. Wohl bestanden zwischen der Stawka und Iwanow mancherlei 
Meinungsverschiedenheiten. Zuletzt drang aber doch der zähe Wille 
Iwanows durch. Seinen Wünschen gemäß sollte die Heeresmitte die Linie 
Zboro—Varannó—Csap—Szatmár-Németi gewinnen, wobei die 3. Armee 
ihren linken Flügel bis in die Gegend von Sztropkó auszudehnen hatte. Die 
gegen Pflanzer-Baltin angesetzten Streitkräfte Letschitzkis wurden nicht, 
wie der Generalissimus vorschlug, direkt gegen den Raum Delatyn— 
Nadwórna—Kolomea, sondern zu einer mehr ostwärts ausholenden Um¬ 
fassung angesetzt. Die durch den Fall von Przemysl freigewordenen 
Heereskörper wurden zum Teil bei Mezölaborcz, zum Teil gegenüber 
der deutschen Südarmee in die Schlacht geworfen, wobei sie sich freilich 
erst Ende März—Anfang April fühlbar machen konnten1). 
Als über das Schicksal von Przemysl kein Zweifel mehr bestehen 
konnte, hatte die öst.-ung. Heeresleitung darüber schlüssig werden müssen, 
ob der bisherige Leitgedanke des Ringens gegen Rußland beizubehalten 
sei. Schon in seiner Depesche an Falkenhayn vom 14. März (S. 208) hatte 
Conrad angekündigt, daß er die Offensive über die Karpathen und in 
Ostgalizien unbedingt weiterführen wolle. Bot sich jetzt nach dem Falle 
der Festung endlich die Gelegenheit, ohne anderweitige Rücksichten an 
*■) Danilo w, 458 f ; Broussilov, 121 ; Boncz-Brujewitsch, I, 79 ff 
und II, 9 ff. — Auf die Wiedergabe der nach den obigen Darstellungen schwer klar¬ 
zustellenden Meinungsverschiedenheiten der hohen russischen Befehlsstellen kann füg¬ 
lich verzichtet werden. Bemerkenswert für die völlige Ahnungslosigkeit Iwanows ist 
eine Weisung, die er um diese Zeit dem Gen. Dimitriew zukommen ließ : „Man muß 
sich vor Augen halten, daß die Westfront der 3. Armee heute noch weiter an Bedeutung 
verloren hat, weil hier der Feind kein reales wichtiges Operationsziel hat." 
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