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Der Karpathenwinter 1914/15
befänden und auf Krosno ausgriffen, so würde die kaum gebildete russi¬
sche Front aus den Angeln gehoben werden können. Dagegen träfe der
vom 4. Armeekmdo. geplante Stirnangriff über Gorlice auf mehrere stark
befestigte russische Stellungen und bliebe sicherlich noch vor Jaslo stecken.
Das 4. Armeekmdo. beharrte jedoch auf seiner Anschauung. Für den
Angriff über Baniqa benötige man vier Divisionen, um bis zur Straße
bei Zmigrod durchzudringen, die man weder verfügbar machen, noch in
dieser Gegend versorgen könne. Auf das III. Korps sei nach den bis¬
herigen Erfahrungen nicht zu zählen. Die Mitwirkung der Artillerie sei
in diesem Gelände nicht in ausreichendem Maße möglich. Die Wieder¬
holung des Stoßes würde auf die Unterführer und die Truppe den
ungünstigsten Eindruck machen. Endlich habe die dort anzutreffende
russische Reiterei den Ruf, im Fußgefechte viel standhafter zu sein als die
feindliche Infanterie. Der Angriff über Gorlice sei trotz aller taktischer
Nachteile vorzuziehen; es könnten hiezu mehr Truppen verfügbar ge¬
macht werden als für den Südflügel und die Artillerie, zumal die mittlere,
vermöge hier ausgiebiger zu wirken.
Um einen Entschluß herbeizuführen, teilte das AOK. am 2. März
nach Okocim mit, falls zur Durchführung eines Angriffes überhaupt kein
rechtes Vertrauen bestehe, werde die 8. ID. abtransportiert werden. Dar¬
auf entschied sich das 4. Armeekmdo. für den Angriff über Gorlice. Dieser
sei zwar schwierig und auf das Erreichen von Zmigrod könne man besten¬
falls erst nach Ablauf einer Woche rechnen; immerhin sei die Sache doch
ins Werk zu setzen.
FML. Arz, mit der Leitung des Angriffes betraut, beabsichtigte, am
6. März mit der 12. ID., der halben 26. SchD., der 8.*) und der 10. ID.
gegen Gorlice, mit der 39. und der 51. HID. gegen Staszkówka vorzugehen.
Die Sicherung im Räume südlich der Magóra wurde der anderen halben
26. SchD. im Einklang mit dem linken Flügel der 3. Armee übertragen.
Wegen starken Schneetreibens wurde das Unternehmen verschoben,
auf Befehl der ungeduldig gewordenen Heeresleitung aber für die Nacht
auf den 8. in Aussicht genommen. Schlechte Witterung, so verlautete es
aus Teschen, dürfe kein Hindernis sein. Der Angriff der 4. Armee war
eben dringend geworden; die Lage erlaubte keine weitere Verzögerung.
Nach kräftiger Artillerievorbereitung begann am 7. bei Einbruch der
Dunkelheit die Vorrückung der einzelnen Gefechtsgruppen (Skizze 18).
Das Ergebnis des nächsten Tages bestand im wesentlichen darin, daß sich
!) Die 8. ID. (/KJR. 3 und 4, IR. 28 und F JB. 30) wurde aus dem nördlichen
Armeeabschnitte zunächst in den Raum bei Grybów verschoben.