148
Der Karpathenwinter 1914/15
erscheint unter den einstürmenden Eindrücken des Kampfverlaufes be¬
greiflich, da bald dieser, bald jener Frontteil zurückgedrückt wurde.
In Teschen reifte aber gerade dadurch die wichtige Erkenntnis, daß
es nicht zweckmäßig sei, die in einem gewissen inneren Widerspruch
stehenden Aufgaben der 3. Armee durch einen einzigen Führer lösen zu
lassen. Außerdem war die 3. Armee auf 18 Infanterie- und 3y2 Kaval¬
leriedivisionen angewachsen, so daß sich schon aus diesem Grunde eine
Teilung empfahl. Möglicherweise spielten auch seelische Einflüsse mit,
die wohl von den getrübten Beziehungen zwischen der Heeresleitung
und dem wichtigsten Unterführer ausgingen. Das AOK. entschloß sich
daher am 6., das 2.Armeekmdo. von Westpolen abzuberufen, Ihm den Be¬
fehl über den bisherigen Ostflügel des Gdl. Boroevic zu übertragen und
die neue 2. Armee durch einige Divisionen aus ruhigen Frontabschnitten
zu verstärken.
Vorerst gab aber am 7. Februar ein Brief des FML. Krautwald an
den Generalstabschef der 3. Armee, GM. Boog, den Anstoß zu einer neuer¬
lichen Abänderung der für das VIII. Korps getroffenen Verfügung. Durch¬
aus kein Schwarzseher, schilderte der Führer des X. Korps den Zustand
seiner Truppen, die durch sechzehn Tage unter den furchtbarsten Schwie¬
rigkeiten unaufhörlich kämpfen mußten, in den dunkelsten Farben; ihm
fehle jetzt in Anbetracht der gewaltigen Offiziersverluste das Vertrauen
in ihre weitere Leistungsfähigkeit1). Die 41. SchBrig. genüge als Ver¬
stärkung nicht, er benötige eine ganze Division. Zur Zeit rollten bereits
Teile der 21. SchD. über Ungvár gegen den Uzsokpaß, wohin auch die
9.ID. gewiesen war. Das 3. Armeekmdo. ordne te nunmehr das Abschwenken
aller Transporte der Schützendivision ins Laborczatal an und meldete
nach Teschen, daß es nach dem Einlangen der Division den Feind aus dem
Räume bei Mezölaborcz vertreiben wolle.
Inzwischen trafen aber in Kaschau sehr schlimme Nachrichten ein.
Die Russen hatten die 34. ID. über tupków zurückgeworfen und in schwe¬
ren Nachtkämpfen Teile der Division abgeschnitten; diese zählte nur
mehr 3500 Feuergewehre. Aber auch die 29. ID. sowie das XVIII. Korps
hatten Geländeteile preisgeben müssen und um das Mißgeschick des
7. Februar zu vermehren, wich auch die 20. HID. des VII. Korps ein
weiteres Stück zurück.
Unter diesen ungünstigen Eindrücken sank die Stimmung in Kaschau.
x) Dessenungeachtet kämpften diese Truppen dann noch durch drei Monate in
den Karpathen weiter.