Volltext: Vom Ausklang der Schlacht bei Limanowa-Łapanów bis zur Einnahme von Brest-Litowsk 2 : Das Kriegsjahr 1915 1 [Textbd.] (2 : Das Kriegsjahr 1915 ; 1 ; [Textbd.] ;)

142 
Der Karpathenwintcr 1914/15 
lösung der sich mühsam vorarbeitenden Truppen durch ausgerastete Kräfte vorgesorgt 
worden wäre. Nur ein „schichtweises Vorarbeiten" hätte diese Winteroffensive schritt¬ 
weise ans Ziel gelangen lassen, ohne die Truppen gänzlich aufzureiben. Dazu waren 
aber Ablösungskräfte in den Stoßrichtungen, zum mindesten aber volle festgefügte 
Truppenbestände, die dem enormen Verbrauche Rechnung trugen, unerläßlich. Hatte 
man diese Kräfte nicht, dann hätte das Wagnis dieses Bewegungskrieges füglich unter¬ 
lassen werden sollen. 
Die im Jänner 1915 in den Karpathen begonnene Offensive konnte unmöglich 
über den ersten Ansatz hinausgelangen " 
An einem solchen Urteile darf nicht vorbeigegangen werden, wenn 
die eiserne Tatkraft der Heeresleitung gerühmt wird, die ihre Aufgabe 
darin erblickte, das übermächtige Russenheer nicht nur zu fesseln, bis 
deutsche Kräfte vom französischen Kriegsschauplatze frei geworden 
waren, sondern auch die Initiative an sich zu reißen und eine baldige 
Kriegsentscheidung zu erzwingen, die aus den bereits dargelegten Grün¬ 
den angestrebt wurde. 
Ob aber die für die Offensive gewählte Richtung die einzig mögliche 
und sachgemäße war, darüber wird noch später zu sprechen sein. 
Die hier gebotene Beschränkung auf die Darlegung der operativen 
Vorgänge bei notgedrungener Vernachlässigung der Einzelheiten im Ge¬ 
fechte bringt die Gefahr mit sich, beim Leser nicht völlig zutreffende 
Vorstellungen hervorzurufen; denn zu dem Gesamtbilde gehört unzer¬ 
trennlich, was die Truppe zu erdulden hatte, was ihr an Leiden und 
Mühsal aufgebürdet wurde. Um diesem Mangel wenigstens einigermaßen 
abzuhelfen, werden an geeigneten Stellen Bruchstücke einer aus der Feder 
des Obersten Dr. h. c. Veith stammenden Schilderung1) abgedruckt. Über 
die eben dargestellte Phase schreibt Oberst Veith: 
„Am 23. Jänner brach man los, hinein in die eisige Hölle der Karpathenschlacht. 
Der Uzsok-, der Verecke- und der Wyszkówer Paß wurden erstürmt, aber am Nord¬ 
hange des Gebirges empfing die Truppen der Schneesturm. Am 25. Jänner wird die 
siegreich vordringende Brigade GM. Lieb, nachdem sie den Feind geworfen, durch 
den eisigen Nordost in ihre Ausgangsstellung zurückgejagt. Das Verhängnis bricht 
herein. Es ist erschütternd, die Berichte aus jenen Tagen zu lesen. Täglich erfrieren 
Hunderte; jeder Verwundete, der sich nicht fortschleppen kann, ist unweigerlich dem 
Tode verfallen. Reiten wird zur Unmöglichkeit. Ganze Schwarmlinien ergeben sich 
weinend, um der entsetzlichen Pein zu entgehen; beim SchR. 21 wird die abends ein¬ 
gesetzte Schwarmlinie am nächsten Morgen bis auf den letzten Mann erfroren auf¬ 
gefunden. Kein Fuhrwerk, kein Tragtier kommt in den ungeheuren Schneemassen vor¬ 
wärts; selbst muß die Mannschaft die Kochkisten in die Stellung tragen, doch die 
erschöpften Träger bleiben liegen und erfrieren, durch Tage erhalten die Kämpfer 
x) Veith, „Werdegang und Schicksal der öst.-ung. Armee im Weltkrieg" (Wien 
1922, Manuskript). Vgl. I, 44, Fußnote,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.