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Der Karpathen winter 1914/15
Inzwischen hatte sich aber der Frontriß an den inneren Flügeln des
III. und des VII. Korps zu einer derart großen Lücke erweitert, daß die
Gefahr eines völligen Durchbruches nicht ausgeschlossen zu sein schien.
Das 3. Armeekmdo. entschloß sich daher, die nach Mezölaborcz gewiesene
l.LstlBrig. auf die Linie über Eperjes abzuleiten, nördlich von dieser
Stadt auszuladen und der 4. KD. zuzuweisen, die mit der Bewachung des
entblößten Raumes betraut war. Im Vereine mit dieser Verstärkung sollte
der Führer dieser Reiterdivision, GM. Berndt, das VII. Korps durch einen
Gegenangriff entlasten.
Am Abende des 3. Februar traf beim 3. Armeekmdo. die Antwort
auf den Antrag des Gdl. Boroevic wegen eines ungeteilten Einsatzes des
VIII, Korps am Uzsokpaß ein. Das AOK. erklärte sich unter der Bedin¬
gung einverstanden, daß der Raum Mezölaborcz mit Hilfe der beiden
dahin gesendeten Brigaden — der kombinierten und der l.LstlBrig. —
zuverlässig festgehalten werde. Nun war aber dem X. Korps gerade die
bitter nötige Unterstützung entzogen worden.
Immer schwerer lastete während des Tages der Druck des Feindes
auf dem VII. und dem X. Korps. Dadurch, daß die Russen kurz nach
Mitternacht in Mikó eindrangen, war Mezölaborcz auch von Nordwesten
her bedroht. Auch das III. Korps wollte seine Truppen schon in den Ab¬
schnitt von Zboró zurücknehmen. Nach Fliegermeldungen bewegten sich
starke russische Kolonnen in der Richtung auf Sanok. Obgleich Boroevic
im Sinne der eingetroffenen Weisung seine Korps unaufhörlich zum
äußersten Widerstand anspornte und dabei betonte, daß die wichtige
Eisenbahnstrecke Mezölaborcz—Lupków keinesfalls verlorengehen dürfe,
zerbrach schließlich die Kraft der Truppen unter der Überspannung der
an sie gestellten Forderungen. Zum Glück konnte das rollende Material
der bezeichneten Strecke rechtzeitig nach Süden abgeschoben werden.
Jetzt erreichte jedoch die Krise ihren Höhepunkt.
Schweres russisches Artilleriefeuer lag am 4. Februar seit den ersten
Nachmittagsstunden auf den Gebäuden des Bahnhofes von Mezölaborcz
und auf dem gegenüberliegenden Hause, wo das X. Korpskmdo. seit der
Jahreswende sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Bis zum Spätabend
harrte der Stab hier aus, um die letzten Anordnungen für den unaus¬
weichlich erscheinenden Rückzug zu treffen. Die 2. ID. war, in der Front
an mehreren Stellen durchbrochen, trotz heldenhafter Gegenstöße ein¬
zelner unverzagter Abteilungen bis unweit vom Orte zurückgegangen;
nordöstlich davon deckte die 24. ID. aus weiter vorgeschobener Stellung
die Bahnstrecke nach Lupków.