Die Verwendung der Reserven
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betreffenden Weiterungen (S. 132) stand, bewies mit seinem lebhaften
Drahtverkehr zwischen Teschen und Kaschau, daß sich die Anschauungen
der Heeresleitung und des 3. Armeekmdos. nicht völlig deckten. Ganz
im Sinne der erhaltenen Weisungen wollte Boroevic alles daransetzen,
seinen Ostflügel wieder flottzumachen, der in stetem Abwehrkampfe,
namentlich beim XVIII. Korps und auf dem rechten Flügel Krautwalds,
Boden eingebüßt hatte. Der Armeeführer ging sogar um einen Schritt
weiter als das AOK. und beantragte die Heranführung beider Divisionen
des VIII. Korps gegen den Uzsokpaß, während die Heeresleitung die
21. SchD. bei Mezölaborcz verwendet wissen wollte. Boroevic glaubte
aber, sich im Gefechtsraume des VII. Korps durch den Gegenangriff der
kombinierten Brigade Luft machen zu können, indes die hinter dieser
anrollende 1. LstlBrig. zur unmittelbaren Ünterstützung des X. Korps
genügen würde.
In seinen Erwägungen trat der Westflügel augenblicklich in den
Hintergrund, obgleich sich gerade jetzt zwischen dem III. und dem
VII. Korps eine breite Lücke aufgetan hatte. Das dem VII., dem X. und
zum Teil auch dem III. Korps vorzuschreibende Verhalten hing nicht
nur davon ab, ob die russischen Angriffe andauern würden, sondern
auch von dem Zustande der in die Verteidigung gedrängten und über
alle Maßen beanspruchten Truppen. Dieser und die Rücksicht auf die
Eintreffzeiten der Verstärkungen mußten die Art der weiteren Kampf¬
führung wesentlich beeinflussen. In gewissen Abschnitten war Widerstand
bis aufs äußerste, selbst bei Aufopferung einzelner Divisionen, geboten.
An anderer Stelle schien ein elastisches Ausweichen, auch bei Preisgabe
schon gewonnenen Geländes, das zweckmäßigere Verfahren, um unnötige
Verluste zu vermeiden und Zeit zu gewinnen, mit Hilfe der anrollenden
Verstärkungen zu einem neuen Stoß auszuholen.
Wie es scheint, hatte das AOK. aus einer Lagebeurteilung die Ab¬
sicht des 3. Armeekmdos. herausgelesen, daß die augenblicklich festge¬
haltenen Räume nicht bis auf das äußerste behauptet werden sollten. In
Teschen befürchtete man, daß der Russe auf ungarischem Boden weiter
Raum gewinnen könnte, was aus innerpolitischen Gründen womöglich zu
verhüten war. Die Heeresleitung verlangte daher, daß die 3. Armee
keinen Schritt weiter zurückweiche; es stünden fünfzehn eigene gegen
zwölf feindliche Divisionen1).
i) Dieser Kräftevergleich war mit Rücksicht auf die grundverschiedenen Feuer¬
gewehrstände wohl nicht ganz zutreffend und sollte vermutlich nur zur Stärkung des
Widerstandswillens dienen.