Volltext: Der Irrgang der deutschen Königspolitik

Papsttum und Kaisertum 
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geistigen Herrschaft nicht nur unabhängig waren, sondern ihr feind 
lich gegenüberstanden. Der Schutz durch die Langobarden endete mit 
der Unterwerfung des Papsttums unter deren Gewalt. Der Papst 
wollte aber Schutz ohne gleichzeitige Beherrschung. Lr suchte ihn bei 
den mächtigen aber fernen Frankenherrschern, denen die Kirche große 
Dienste geleistet hatte. Die Franken zerstörten zwar das Langobarden 
reich. Damit war aber dem Papsttum nicht gedient, denn Byzanz und 
der Islam standen dicht vor den Toren Roms. Lr brauchte darum 
einen ständigen Schutz, den nur eine dauernde Verpflichtung des 
mächtigsten Lhristenherrschers bringen konnte. Als Karl der Große 
den größten Teil des weströmischen Reiches unterworfen hatte, kam 
der römische Papst auf den Gedanken, das römische Kaiserreich aus 
päpstlicher Machtvollkommenheit wieder erstehen zu lassen und dem 
König der Franken von Papstes Gnaden die einst so glänzende Würde 
des römischen Kaisers zu verleihen. Die Verleihung dieser 
Würde, die Salbung durch den Papst und die Krönung in Rom zum 
römischen Kaiser sollte die Frankenkönige zum Schutze des Papstes 
verpflichten, sollte die größte weltliche Macht in den Dienst des 
Papsttums stellen und so mit der Zeit dem Papsttum die (Oberherr 
schaft über die römischen Kaiser bringen. Das Kaisertum sollte die 
Kette werden, die den mächtigsten König zum Diener des Papstes 
machte. Dagegen wollte natürlich jeder zum „römischen Kaiser" 
Gekrönte mit dieser alten Würde auch die alte Machtvollkommenheit, 
also die Herrschaft — auch über Kirche und Papst. Die Sache stand 
also von allem Anfang an so: Der Papst schuf den römischen Kaiser, 
um ihn zu beherrschen, die römischen Kaiser wollten aber auch das 
Papsttum beherrschen. Das bedingte den ständigen Kampf zwischen 
Kaiser und Papst. 
Mit dem verfall des Frankenreiches ging wohl der Zweck der 
neu erweckten römischen Kaiserwürde verloren, denn nur der mäch 
tigste Fürst sollte als Kaiser Diener des Papstes werden. Weil aber 
jetzt der römische Papst machtlos und schutzlos das Opfer jedes Gau- 
fürsten werden konnte, mußte er auch kleine weltliche Herren mit 
dem Schmuck der höchsten Würde krönen. Damit war der Beweis er 
bracht, daß die Sache an sich wertlos war, daß nur die Linbildung in 
dieser römischen Kaiserkrone irgendeine reelle Macht oder ein wirk 
liches Recht erblicken konnte. Wer dies glaubte, hat sich selbst betrogen 
und sich und seine Macht an das Papsttum ausgeliefert. 
Natürlich hatte die Kaiserkrone keinen Wert für den Papst, wenn 
sie ein König aus eigener Macht sich selbst aufsetzte. Der p a x st 
mußte sie in feierlicher kirchlicher Handlung dem vor ihm knienden 
König aufs Haupt setzen, nachdem er diesen durch die Salbung dazu
	        
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