Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Offensive 
Aber mit uns meint es der Tommy glimpflich, oder wahrscheinlich find es nicht 
Bomben-, sondern Veobachtungsflieger, jedenfalls geschieht uns nichts — von 
oben. Beim Troß aber werden genügend Eier abgeworfen, und das Regiment 
verliert auf einen Schlag vier etatsmäßige Feldwebel, die vollkommen zerrissen 
werden. 
Vor Vucquoy hat fich der Tommy festgesetzt und setzt uns aus feinen vortrefflich 
postierten Maschinengewehrnestern zu. Ja, wäre nun die bayerische Division da, 
die ja auf Vucquoy angesetzt war, vielleicht glückte es, Vucquoy im Handstreich 
zu nehmen. So ist an ein Weitervordringen nicht zu denken. Wir besetzen ein 
englisches Grabenstück und bringen die Minenwerfer in Stellung, die im Verein 
mit der braven Feldartillerie die verdammten M.-G.-Rester unter Feuer nehmen. 
Doch die wechseln so geschickt alle Augenblick ihren Standort, daß ein Erfolg 
nicht zu erzielen ist. Endlich, am Spätnachmittag, naht — mit etlichen und folgen¬ 
schweren Stunden Verspätung — die bayerische Division und wird auch sofort aus 
der Flanke auf Vucquoy angesetzt, während wir von vorn das Vorgehen unter¬ 
stützen und uns dann bald auch daran beteiligen. Doch nur kleine Teilerfolge 
wollen nun noch glücken. Der Dorfrand wird hart umkämpft, es gelingt aber 
nicht mehr, den Tommy, der im Laufe des Nachmittags gleichfalls starke Reserven 
herangezogen hat, aus Vucquoy zu werfen. Ein kleines der vielen deutschen 
Schicksalsmomente: eine verspätete Division! — Wir lagern noch Tage vor 
Vucquoy. Gardedivisionen werden darauf angesetzt, es gelingt und gelang nie 
mehr, nachdem die erste Gelegenheit so elend verpaßt und verpatzt war, Vucquoy 
zu nehmen. Zufall? Schicksal? Was ist hier Ursache? Was Wirkung? — Wir 
machen es uns — Vucquoy gegenüber — zur Nacht so bequem wie möglich in 
zwei alten halbverfallenen Unterständen; ein Drittel der Kompanie wird als 
Feldwache in Granattrichter gelegt. Auf dem Felde lagern ungeheure Munitions¬ 
stapel des Tommys — ganz schwere Brocken — die er zurücklassen mußte. Abends 
wird Lust und Erde von einer ungeheuerlichen Detonation erschüttert, daß wir 
mit den Köpfen an die Decke des Unterstandes stoßen und ein Melder die Treppe 
herunterpurzelt. Ein englischer Flieger hat auf den Hauptstapel der schweren 
Geschosse Bomben abgeworfen und sie auch glücklich zur Entzündung gebracht. 
Nun gähnt uns ein schwelender, rauchender Krater entgegen von einem Aus¬ 
maße, daß man ein großstädtisches Haus bequem hineinplacieren könnte. Um 
Mitternacht revidiere ich die Feldwache, um zwei Uhr nachts werde ich vom 
Telefonisten geweckt, der stellvertretende Bataillonskommandeur, ein Landwehr¬ 
hauptmann, dessen ständige Lektüre Max Iungnickel ist, wünsche mich dringend 
zu sprechen: Schlaftrunken nehme ich den Hörer zur Hand und vernehme die sanfte 
Stimme: ich möchte auch am kommenden Morgen nicht vergessen, Gewehr 
reinigen zu lassen. Ich schleudere wutentbrannt den Hörer in eine Ecke, fluche 
ein bekanntes Zitat aus „Götz von Verlichingen" und befehle, daß für den Rest 
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