Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Offensive 
so wie ein Keil aus unserer Stellung herausragen und weder rechts noch links 
Anschluß mehr haben. Es heißt also, stille liegen — wie so oft! — und die Ent¬ 
wicklung der Dinge abwarten. Seit ein Uhr mittags liegen unsere Fliegertücher 
ausgebreitet; um sechs Uhr erscheint der erste deutsche Flieger! — ich schieße meine 
letzte Leuchtkugel hoch, und endlich verstummt das eigene Artilleriefeuer in unserm 
Rücken. Abends zieht der Regimentsstab in den Park von Völu ein, wir werden 
gleichfalls zurückgeholt, und alles delektiert sich an den „Kostbarkeiten. Als aber der 
Tommy dahinter gekommen ist und den Wald mit schweren Granaten zu belegen 
beginnt, wird die Truppe aus dem Park herausgenommen und weiter rückwärts in 
die englische Stellung bei Lebucquisre zur Nacht gelegt. — Am Morgen werden 
wir Zeugen eines erschütternden Bildes. Die Kompanie besitzt zwei Unteroffiziere, 
die zu den besten gehören und-Zwillingsbrüder find. Seit Jahren gehören 
sie der Kompanie an und haben ungezählte Gefechts mitgemacht, ungezählte Male 
dem Tod ins Auge gesehen — immer jeder darauf achtend, daß er im Verlaufe 
des Gefechtes den Zwillingsbruder nicht aus den Augen verlor. Dieses Mal 
brachte der Führermangel es mit sich, daß die Brüder sich trennen mußten — der 
eine folgte mir, der andere einem Offizierstellvertreter der Kompanie. Cs war die 
erste Trennung, es war auch die letzte und endgültige. Ich verlor im Vorgehen 
meinen tapferen Korporal aus den Augen. Erst als abends sich die Kompanien 
im Parke von VSlu sammelten, stellte sich sein Fehlen heraus. Der Zwillings¬ 
bruder hatte indes während des ganzen Tages dem Offizierstellvertreter geklagt, 
wie sehr ihn die Trennung von seinem Bruder bedrücke. Im Morgengrauen hatte 
er sich nun, während die Kompanie noch im Schlafe lag, allein auf den Weg ge¬ 
macht, den ich am Tage zuvor zurückgelegt und ihm beschrieben hatte. And nun, 
als wir erwacht, sahen wir ihn von fern schon angewankt kommen, den toten Bruder 
mit sich schleifend. Die härtesten Soldaten wandten sich vor diesem Bilde des 
Erbarmens zur Seite. Eine „Zufalls"-kugel hatte das Herz durchbohrt — das 
Auge war nach oben gedreht — der bekannte Blick derer, die durch Herzschuß ge¬ 
fallen. Aus besonderer Vorsicht hatte der junge Anteroffizier das weithin leuch¬ 
tende E. K. I während der Schlacht vom Rock abgelöst, und mitten durch den Fleck, 
auf dem es sonst gesessen, war unbarmherzig die Kugel gedrungen. 
Am 24. und 25. März marschieren die Kompanien nach Bapaume. Der Vapaume- 
Riegel ist endlich gefallen. Über Vapaume selber kreist geradezu ein Heer englischer 
Vombenslieger, so daß der Aufenthalt im Orte nur in den katakombentiefen Kellern 
möglich ist. Am Morgen des 26. März werden die Kompanien auf Achiet le Petit 
bis Vucquoy zum Sturme angesetzt. Meine Kompanie bildet den rechten Flügel 
der Division. Anschließend an mich soll eine bayerische Division auf Vucqoy zu 
angreifen. Doch so weit auch im ebenen Gelände das Auge blickt, von den Bayern 
ist nichts zu sehen. So hängt die Division rechts vollkommen irr der Lust, und ich 
muß — die zahlenmäßig an sich schon so geringe Kampfkraft meiner Truppe, die 
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