Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Offensive 
Von Krleürich Vethge 
Zwei Tage vor Beginn der großen Offensive lagen wir in einem Vorstädtchen 
von Cambrai. Für den Abend gab es großen Cambrai-Urlaub — für Offiziere 
und Mannschaften. Von den Offizieren des Bataillons blieben nur der Adjutant, 
ein Oberlehrer und ich freiwillig im Quartier zurück. Der Zufall wollte es — falls 
der Soldat an einen Zufall glaubt —, daß wir selben drei zwölf Tage später, 
als das Regiment aus der vordersten Linie abgelöst wurde, die einzigen noch un- 
verwundet lebenden Offiziere des Bataillons waren. Allein sieben tote Leutnants 
hatte das Bataillon in diesen Tagen — darunter sämtliche Kompanieführer; unter 
den Verwundeten auch den Bataillonskommandeur. Da sieht dann dem rück- 
blickenden Auge der Zufall verdammt schicksalsmäßig aus. 
Den ersten Tag der großen Offensive durfte ich als Jungverheirateter und vier¬ 
mal Verwundeter bei der Führerreserve in vorderster Linie verbringen. Der 
bei großen Angriffsschlachten beobachtete starke Führerausfall hatte die Oberste 
Heeresleitung zu dieser klugen Maßnahme der Bildung von Führerreserven be¬ 
wogen. Aus jedem Bataillon wurden ein bis zwei Offiziere, und aus jeder 
Kompanie etwa drei Unteroffiziere bzw. Gefreite herangezogen und im Reserve¬ 
graben zurückbehalten, wo sie dem Regimentskommandeur jederzeit zur Ver¬ 
fügung standen für die Kompanien, in denen sich der Ausfall von Führern oder 
Unterführern durch Tod oder Verwundung besonders empfindlich bemerkbar 
gemacht hatte. Diese überaus weise Maßnahme bewährte sich denn auch in diesen 
Tagen aufs beste. Eher könnte man urteilen, daß die Stärke der Führerreserven 
noch größer hätte sein können, die Zahl der jeweils vorn befindlichen Führer 
noch sparsamer. So wie es war, wurde ich bereits am Morgen des zweiten An¬ 
griffstages vorn benötigt, da die so noch immer vorn viel zu zahlreichen Führer 
fast alle durch Tod oder Verwundung ausgeschieden waren. Am dritten Kampf- 
tage Hatte auf diese Weise das Bataillon vorn, außer mir, nur noch einen Kampf- 
offizier; bei nicht existierender Führerreserve hätte es vermutlich keinen mehr 
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