Volltext: Das Antlitz des Weltkrieges

Tanks 
einer Bewegung)-— am Abend aufsuchen. Ganz beruhigt, ja beseligt 
kriecht der Melder zu seinem Zuge zurück, und bald weiß es die ganze Kompanie: 
die Lage ist vortrefflich und gar nicht gefährlich, der Leutnant liest ja Romane 
und wünscht nicht, gestört zu werden. And doch kommt eine Störung: am 
Spätnachmittag kommt der Vataillonsmelder auf dem Bauche in die Stellung 
gekrochen und überbringt den Regimentsbefehl: um 9 Ahr abends Angriff; der 
Tommy muß völlig aus dem Walde geworfen werden — muß ist gut gesagt, 
wenn er doppelt so stark ist und alle zehn Meter ein Maschinengewehr stehen hat. 
Dem Leutnant entfährt es: „Wieder ein Befehl vom grünen Tisch aus!" — 
und: Der Herr Kommandeur möchte doch selbst erst einmal nach vorn kommen, 
ehe er solche Befehle erließe — und er weiß doch, daß es an seinem Kommandeur 
nicht liegt, und er weiß auch, daß sein Kommandeur gar nicht der Mann ist, 
der sich etwa scheute, dieser Aufforderung, selber erst einmal nach vorn zu 
kommen, auch wirklich nachzukommen; aber wie soll er, wie soll die Front sich 
Lust machen! Zur Anterstützung seines so brüsk ablehnenden Verhaltens fährt 
der Kompanieführer einmal mit dem Stock — so wie zum Spiele — durch die Lust 
— und sogleich hämmern drüben die Maschinengewehre an. Er bittet, all dieses, 
diese ganze Lage dem Kommandeur darzulegen, damit von dem doch nur selbst¬ 
mörderischen Angriff Abstand genommen wird. Er beendet seine Bitte mit dem 
humoristischen Versuche: wenn der Herr Kommandeur auf dem Angriff bestünde, 
so würde er, der Kompanieführer, allein die feindliche Stellung bekennen, seine 
Leute ließe er aber nicht aus den Löchern heraus. Er sagt dies, weil er weiß, 
daß die Front sich diese Sprache gestatten darf, ohne daß es ihr nachgetragen wird 
— (im Gegenteil!) — er sagt es ferner in bewußter Rückerinnerung an das Wort 
zu Friedrich dem Großen bei Kolin: „Sire, wollen Sie die Batterie allein 
erobern?" Der Melder versteht und entfernt sich schmunzelnd. Aber zwei 
Stunden später ist er wieder da. Die Einwände und Vorstellungen 
haben beim Regimentskommandeur genug bewirkt; der möchte schon neue 
blutige Verluste dem Regiment ersparen und vertraut auch der Darstellung 
seiner Frontoffiziere — und darf ihr auch vertrauen; aber die Brigade 
bestünde auf dem Angriff. Der Angriff ist aus Mitternacht verlegt. Punkt 
zwölf Ahr wird ein viertelstündiges Artilleriefeuer einsetzen und Punkt 
Vierteleins derInsanteriesturm folgen. Wie weit entfernt von der Front muß wohl 
der grüne Tisch stehen, an dem dieser Angriff ersonnen worden, denkt das Front- 
schwein! 
Artillerievorbereitung bei dreißig Meter vom Feinde ab, wo die einzige 
Chance, den weit überlegenen Gegner zu überwältigen, in der nächtlichen 
Überrumpelung lag. War vorher der Angriff blutig und wenig aussichtsvoll, 
so ist er nun unmöglich und nackter Selbstmord. Das Gehirn des Frontofsiziers 
beginnt zu arbeiten, und als eine halbe Stunde später die Führer der Rachbar» 
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