Trommelfeuer
Von GLLo Germar
Die ersten „kärglichen Vorstudien" zu dem, was man später „Trommelfeuer"
benannte, konnte der junge Soldat bereits 1914 bei den Stellungskämpfen um
Dpern machen. Trommelfeuer entstand überall dort, wo Angriffs- und Ver¬
teidigungskrieg im Stellungskriege erstarrt waren und das Vestreben einer oder
beider Parteien dahin ging, diesen Stellungskrieg wieder in Bewegungskrieg
aufzulösen — und wo zu diesem Zwecke stärkere Artilleriekontingente massiert ihr
Feuer vom leichtesten Kaliber bis zu den schwersten Marinegeschützen aus die
vorderste und Verteidigungslinie wie auf die Artilleriestellungen richteten. Hier
ist der Beginn dessen, was wir später die „Materialschlacht" nannten, die diesem
Kriege ihr furchtbares, ihr so sachlich nüchternes, ihr Herz und Nerven mordendes
Gepräge verliehen hat. Cs fetzt ein mit der Verdun- und Somme-Schlacht; alles
Frühere waren — wie gesagt — nur „kärgliche Vorstudien". „Anser Krieg"
— das heißt der Krieg, der sich von allen früheren der Weltgeschichte unver¬
wechselbar unterscheidet, hebt erst mit Trommelfeuer und Materialschlacht an.
Darum sah auch der Westkämpfer mit einem — natürlich unberechtigten Hoch¬
mute — auf den Vewegungskrieger des Osten herab und ersann den bösen und
ungerechten Vers:
„Im Westen kämpft das tapfere Heer
Im Osten kämpft — die Feuerwehr."
Eigentümlichkeit des Trommelfeuers war es, daß es häufig mehr Nervenkraft als
Blut forderte. Die blutigen Verluste eines Kleingefechtes im Osten waren oft
wesentlich größer als die eines Großkampftages im Westen. Hat man doch in
Galizien Gefechte miterlebt, die einem Westkämpfer wie ein Spaziergang
erschienen; abends erwies sich dann aber, daß der „Spaziergang" ein Drittel der
— damals noch kriegsstarken — Kompanie gefordert hatte. Hat man es doch
auch andererseits erlebt, daß man sechs volle Tage und Nächte in offenen Granat¬
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