Volltext: Österreichische Regierung und Verwaltung im Weltkriege

DIE BEAMTENMINISTERIEN U. DAS ALLG. WAHLRECHT. 65 
miteinander haderten, weil sie die seit 250 Jahren bestehende 
Unterordnung aller dieser Völker und jedes einzelnen unter 
eine straffe zentrale Administration, deren Oberhaupt der 
seelisch und geistig in ganz anderen Zeiten wurzelnde Monarch 
bildete, unerträglich fanden; im Parlamente und in den Land* 
tagen aber, in der Presse und in den Vereinen und Versamm« 
Jungen kämpften diese Völker unaufhörlich immer doch nur um 
e i n e, in zahllose Kleinlichkeiten zerfallende einzige Streitfrage, 
nämlich um die Frage nach der Sprache, in welcher diese 
Zentralgewalt sie regierte oder sie regieren sollte! Da waren 
17 Kronländer, welche die Verfassung als «historisch«politische 
Individualitäten» anerkannte und die in ihren, nach einem neu« 
ständischen Prinzip aufgebauten Landesvertretungen ein stets 
wachsendes Stück der öffentlichen Verwaltung und Kulturförde« 
rung, der Finanzen und der wirtschaftlichen Interessenpflege, 
rechtlich völlig frei von jener kaiserlichen Regierung und Ver« 
waltung, für sich selbst administrierten, — durchaus in diesen 
Belangen den Schweizer Kantonen oder Gliedern eines Bundes« 
Staates vergleichbar. Da waren Tausende von Gemeinden, Wien 
an der Spitze, die sich auf rein parteipolitischer Basis durch frei 
gewählte Gemeindevertretungen und Bürgermeister admini« 
strierten, ohne daß jene, politisch bald so viel angefochtene, bald 
wieder eifrig umworbene staatliche Zentralregierung gesetzlich 
die Mittel und politisch die Macht besaß, in diese Administra« 
tion sich ernstlich einzumischen. Alle diese miteinander hadern« 
den Völker erfreuten sich dabei der gewaltigen Vorteile eines 
den Einheitsstaat bildenden gemeinsamen Wirtschaftsgebietes, 
das auch Ungarn, Bosnien und die Herzegowina und damit eine 
Bevölkerung von mehr als 50 Millionen umfaßte, und in dem- 
seit den achtziger Jahren ein mächtiger industrieller, technischer 
und kaufmännischer Aufschwung sich vollzog. Allerdings der 
inzwischen hoch in die Halme geschossene magyarische Natio« 
nalismus zerrte unablässig an diesem, auch für das von den 
Magyaren beherrschte große Königreich so lebensnotwendigen 
organischen Bunde mit Österreich und erbitterte durch seinen 
ökonomischen und nationalen Imperialismus nicht nur die 
Ungarn mitbewohnende slawisch«deutsch«rumänische Mehrheit 
der Bevölkerung, sondern auch deren in Österreich wohnende, 
nach vielen Millionen zählende Brüder. Inmitten aller dieser 
stets mehr und mehr ins Schwanken geratenen Verhältnisse, 
Redlich. 5
	        
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