Der Krieg wäre demnach ein grausames Äquivalent, das heißt ein
Triebdurchbruch in sanktionierter Form. Was der Staat
dem einzelnen verwehrt, gestattet er der Masse. Schon der amerikanische
Psychologe W. James sprach von »The Moral Equivalents of War«, den
moralischen Äquivalenten des Krieges, und meinte damit die Tatsache,
daß solange der Friedenszustand nicht dem einzelnen genügende Befrie¬
digungen und befördernde Erlebnisse gewährt, der Krieg seine magische
Anziehungskraft als höchstgespannte Gelegenheit zum Erlebnisrausch —
unvermindert beibehalten werde. Sicherlich liegt ein tieferer Sinn in dieser
Erkenntnis. Der Krieg wird seine psychologische Funktion —
gleich dem Alkohol — solange beibehalten, bis ein anderes
gesellschaftliches Sein den Menschen intensivere
Wunschbefriedigung und bewegteren Rhythmus des
Lebenslaufes bieten wird. Wenn auch der Mensch von seiner
Triebanlage her »böse« ist, ist doch eine Wandlung denkbar, durch soziale
und individuelle Andersgestaltung der Lebensführung — wie das von
Einzelbeispielen wohl bestätigt wird. Unzufriedenheit mit dem Frieden
gebärt den Krieg. Diejenigen, die enttäuscht und trostlos in der Tretmühle
des Lebens verdorren, werden immer den Krieg als Aufschwung
und Erlösung aus ihrer Dumpfheit und Verelendung begrüßen.
Eine kleine Illu¬
stration — die je¬
doch für unsere
Betrachtungen von
Belang ist — soll
dem Allgemeinen
Bildlichkeit verlei¬
hen. Wir wissen,
daß jeder Krieg
die Triebkräfte der
Grausamkeit mobi¬
lisiert. Der Krieg
ist als Ganzes ge¬
nommen ein Grau¬
samkeitsakt. Wie
dieseGrausamkeits-
oder sadistischen
Regungen unseres
Seelenlebens ihre
triebhaften Unter¬
gründe im sexuel-
Hurra, der Krieg ist da! _
Photographische Aufnahme l^n W esen deS
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