Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

im Gegenteil liegt die Gefahr sehr nahe, daß sich auch recht viele 
»normale« Frauen emanzipieren, sofern ihre latenten Machtinstinkte 
nur zu gegebener Zeit von den »anormalen« durch geschickte Bear¬ 
beitung wachgerufen werden5). 
Wozu nur zu bemerken ist, daß die Entstehung der Frauenbewegung 
natürlich nicht einmal »zum guten Teil« auf urnische Frauen zurück¬ 
zuführen ist, sondern daß die durch die wirtschaftliche Umwälzung 
aktuell und aktiv gewordene Frauenbewegung aus allerdings in einzelnen 
Fällen auch erotischen Beweggründen unter anderen auch manche 
homosexuell empfindende Frau ins Lager der Frauenrechtlerinnen 
führte. 
Darüber hinaus stellte die wirtschaftliche Emanzipation gerade diese stets 
mehr oder minder virilen Frauen auf Posten, die ihrer Wesensart ungleich 
mehr als die ausgesprochen weiblichen zusagten. In seinem großen, bereits 
1914 erschienenen grundlegenden Werke über Homosexualität sagt Magnus 
Hirschfeld: »Durch ihre virilen Eigenschaften, ihre Selbständigkeit, ihr 
Interesse für öffentliche Fragen, ihr ausgeprägtes Verstandesleben einer¬ 
seits, ihre familiäre Unabhängigkeit anderseits erscheinen sie . . . von 
vornherein zu führenden Stellungen berufen. In der Tat begegnen wir der 
homosexuellen Frau in allen rein weiblichen Vereinsgruppen geselligen, 
beruflichen oder sozialen Charakters. Sie ist somit von hervorragender Be¬ 
deutung für die in unseren Tagen mächtig 
emporstrebende Emanzipations- und Selb¬ 
ständigkeitsbewegung der Frauen, die wir 
kurz als Frauenbewegung4 bezeichnen. 
Dürfen wir diese natürlich nicht als aus¬ 
schließlich oder auch nur vorwie¬ 
gend auf urnischen Elementen basierend 
ansehen, so sind doch die Zusammenhänge 
zwischen ihr und der weiblichen Homosexu¬ 
alität vielfache und intime, indem die Ur- 
ninden, ihren besonderen Naturanlagen ent¬ 
sprechend, sich als Vorkämpferinnen und 
Bahnbrecherinnen der weiblichen Unab¬ 
hängigkeit vom Mann betätigen6).« 
Auch für die Bedeutung weiblichen Sadis¬ 
mus in der Emanzipation sucht Eberhard 
den Beweis zu führen und bezeichnet »die 
Herrschsucht des Weibes als Ursache seiner 
Emanzipationslüsternheit«. »Alle Versuche 
zur Erweiterung der weiblichen Macht¬ 
sphäre entspringen dem Verlangen nach 
Frauenakt 
Zeichnung von Henri Matisse 
2 Sittengeschichte 
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