Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

In Ausführung der militärischen Machtbefugnisse, in die ich für Jülich 
eingesetzt worden bin, und im Interesse der Aufrechterhaltung der 
Ordnung befehle ich hiemit, daß die ganze Zivilbevölkerung die vor¬ 
übergehenden Offiziere durch Abnehmen der Kopfbedeckung zu grüßen 
und hiebei den Bürgersteig zu verlassen hat. Wer diesen meinen Be¬ 
fehl Übertritt, wird festgenommen und nach durchgeführtem Verfahren 
erschossen. 
Auch die nicht unbegründete, aber auf Kosten jeder Besonnenheit 
überhandnehmende Spionageangst der Deutschen hat häufig zu ähnlichen 
Maßnahmen geführt. So war es der Landbevölkerung bei Erschießen ver¬ 
boten, querfeldein zu gehen, anstatt die Landstraße zu benutzen. Und 
diese Drohung mit dem Erschießen blieb nur zu oft kein leeres Wort. 
Ein Wolff-Dementi vom 9. September 1917 verwahrt sich gegen die Ver¬ 
leumdung, daß der Generalgouverneur von Belgien, Freiherr von Falken¬ 
hausen, ein Schreckensregiment führe. Seit dem 1. Mai 1917, also in vier 
Monaten, seien, wie das Dementi sagt, nur neunzehn Belgier hin¬ 
gerichtet worden. Und dies wird mit einer Selbstverständlichkeit fest¬ 
gestellt, die nur in gewissen Kundgebungen der österreichischen Behörden 
ihresgleichen findet. Bekanntlich konnte es im österreichischen Parla¬ 
ment geschehen, daß der Abgeordnete Heine auf einen Zwischenruf, der 
auf die Massenhinrichtungen in Galizien hinwies, im Juni 1917 die Be¬ 
merkung machte: »Noch viel zu wenig sind in Galizien gehenkt worden!« 
Die Zahl der vollkommen unschuldigen Opfer dieser Art Militärjustiz 
ging damals schon in die Tausende. 
Und Dr. Alfred H. Fried gibt eine Äußerung Frank Wedekinds wieder, 
der im Laufe eines 
Gesprächs über die 
belgische Besetzung 
einmal gesagt haben 
soll: »Belgien dürfen 
wir nie wieder heraus¬ 
geben, damit man die 
Schweinereien nicht 
erfährt, die wir dort 
begangen haben*).« 
Wir haben sicher¬ 
lich keinen Grund, 
für diese oder ähn¬ 
liche Greuel Deutsch¬ 
land oder die deut¬ 
sche Mentalität verant¬ 
wortlich zu machen. 
Hotelhall in Brüssel 
Wie der französische Zeichner das Leben in der von Deutschen 
besetzten belgischen Hauptstadt darstellt 
Aus »Fanlasio«, 1915 
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