Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

unterbrachten und 
aus gemeinsamer 
Kasse erhielten. Da¬ 
mit das Kind einen 
Namen bekäme, er¬ 
richteten sie auch 
noch auf ihre Kosten 
den gefälligen Mäd¬ 
chen eine Kaffee¬ 
wirtschaft, so daß 
jeder üblen Deu¬ 
tung und etwaigen 
Beanstandungen sei¬ 
tens Höherer die 
Spitze abgebrochen 
war. Dort erholten 
sie sich von den Mühen des Tages. Einige Leutnants und Fähnriche 
der vorne stehenden Kampftruppe erhielten jedoch hievon Wind 
und wußten es einzurichten, daß sie recht oft mit dienstlichen Auf¬ 
trägen zum Divisionskommando betraut wurden. Hiebei unterließen 
sie es nicht, einen kleinen Abstecher zu den Hübschlerinnen zu machen, 
was denen sicherlich nicht unangenehm war. Beide Teile kamen auf 
ihre Rechnung, die eigentlich von den Generalstäblern bezahlt wurde. 
Das Geheimnis wurde sorgsam gehütet und bis heute wissen es die 
»Unternehmer« nicht, daß ihnen Kuckuckseier ins Nest gelegt worden 
waren. »Die Leutnants und die Fähnriche, das sind die klügsten Leute«, 
sagte Heine. 
Wir fassen zusammen: Nicht die menschlichen Beziehungen, die sich 
gelegentlich zwischen Eroberern und der unterdrückten Bevölkerung der 
besetzten Gebiete, zwischen Befreiern und Bundesgenossinnen des alli¬ 
ierten Staates knüpften, nicht diese rührseligen Kriegsidyllen, sondern 
Not, Hunger und Prostitution sind das, was wir als ureigenste Schöpfung 
des Krieges bezeichnen können und müssen. Die hunderttausende Frauen 
in der Etappe, die das tägliche Brot für sich und die Ihren mit ihrem 
Körper bezahlten, waren gewiß zum weitaus größten Teile keine 
»geborenen Prostituierten«, wie sie eine zur Entlastung der bürgerlichen 
Gesellschaftsordnung ersonnene Theorie zu nennen pflegt. Sie wurden vom 
großen Kuppler, dem Krieg, prostituiert, an Leib und Seele vernichtet. 
Ihre Namen sind in keiner Verlustliste angeführt — und doch sind sie 
nicht die am wenigsten bemitleidenswerten Opfer des Krieges. 
Rumänische Familie, deren weibliche Mitglieder vom Verkauf 
ihrer Körper an die Soldaten der Besatzungsarmee lebten 
Photographische Aufnahme, Sammlung A. Wolff, Leipzig 
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