Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

keit um den Hals der Peniseichel). Er schrie sie daraufhin an: 
»Ihr alten Sauen, könnt ihr nich den Käse wegmachen?« Mir ging 
es ähnlich, ich konnte aber vorher noch unbeobachtet mit dem Hemd 
das Beanstandete wegwischen. Das tat jedoch weh. Geschlechts¬ 
verkehr hatte ich damals noch nicht gehabt und kein 
Mensch hatte mich aufmerksam gemacht, daß die körperliche Reini¬ 
gung auch bis unter die Vorhaut zu gehen habe. Das war bisher unbe¬ 
rührt geblieben, deshalb rührt wohl auch der Ausdruck »unberührt 
sein« von daher. 
Natürlich wurden auch bei dieser Parade die Standesunterschiede 
gewahrt. Offiziere waren, obwohl sie keineswegs weniger verseucht waren, 
ja besonders in der Etappe einen viel größeren Anteil an den Geschlechts¬ 
krankheiten hatten, der Untersuchungspflicht enthoben. Die Folgen dieser 
Ausnahmsstellung gehen aus einem Geheimerlaß des Generalgouverneurs 
von Beseler vom 15. Februar 1917 hervor, in dem mit Rücksicht auf die 
große Verbreitung der Geschlechtskrankheiten im Offizierskorps die Aus¬ 
dehnung der Gesundheitsvisiten auch auf jüngere Offiziere angedroht wird. 
Allerdings ist es diesmal und in ähnlichen Fällen bei der Drohung 
geblieben. 
Am wenigsten dachte man an die Wichtigkeit einer Verfügung, die die 
außergenitale Verbreitung der Syphilis verhütet hätte, nämlich an die 
Fernhaltung luetischer Soldaten von der Armee. Nach den Dienstvor¬ 
schriften der Kriegsmusterungsanleitung für das Jahr 191610) sind 
geschlechtskranke Wehrpflichtige kriegsbrauchbar, wenn sonst keine 
körperlichen Fehler vorhanden sind und wenn nicht eine Herstellung zur 
Kriegsbrauchbarkeit in absehbarer Zeit völlig ausgeschlossen ist. Ver¬ 
hütungsmaßnahmen wurden nur insofern getroffen, als Geschlechtskranke 
mit ansteckungsfähigen Erscheinungen am oder im Munde nicht in Eisen¬ 
bahntransporte eingereiht werden durften. Sie waren dem nächsten 
Militärspital einzuliefern, wo die ansteckenden Munderscheinungen aus¬ 
geheilt werden mußten. 
Es wurden in Kriegszeiten häufig Diskussionen darüber geführt, ob die 
Verhütungsmaßnahmen auch durch Strafverfügungen zu stützen wären. 
Vor allem galt es zu entscheiden, ob die Krankheit an sich oder nur ihre 
Verheimlichung einen strafbaren Tatbestand darstellte. 
Zur Maßnahme der Bestrafung erkrankter Soldaten äußert sich Doktor 
B. Beron, Militärarzt im bulgarischen Heer in Mazedonien11) : ». . . Im 
ersten Augenblick erscheint die Regel: Jeder Soldat, welcher sich 
geschlechtlich infiziert, soll bestraft werden6 zweckentsprechend, sie hat 
jedoch Nachteile, welche ihre wohltuende Wirkung paralysieren, und 
zwar: a) der Soldat bemüht sich, die Krankheit zu verbergen, womit er 
sich selbst den gefährlichen Komplikationen der Krankheit und seine 
228
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.