Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

Immerhin, wenig¬ 
stens noch etwas 
Glück. 
Ich erhalte die 
Flasche. Nach eini¬ 
gen Stunden bin ich 
nicht mehr der ein¬ 
zige, und morgens ha¬ 
ben wir uns gewöhnt 
und verlangen ohne 
Beschämung, was 
wir brauchen. 
Es sei zur Steuer der 
Wahrheit gleich be¬ 
merkt, daß diese 
Schamhaftigkeit der 
Männer auf einer fal¬ 
schen V oraussetzung 
beruhte. Die vorneh¬ 
men Amateurpflege¬ 
rinnen wie auch die 
Berufsschwestern teil¬ 
ten diese Gefühle kei¬ 
neswegs. Im Gegenteil 
wurden sie oft durch 
das natürlich eben¬ 
falls libidinös ge¬ 
färbte Verlangen ins 
Lazarett geführt, in¬ 
time Vorgänge des männlichen Organismus zu beobachten. So schreibt ein 
österreichischer Soldat in seinen Kriegsaufzeichnungen: 
Es ist unbeschreiblich, wie sich die Damen, die sich zur Übernahme 
des Krankentransports bei der Station in G. eingefunden haben, uns 
gegenüber benahmen. Wir waren zum größten Teil in jämmerlichem 
Zustand, zerschossen und von der Reise zermürbt und es gab einen 
Kameraden, dem gleich darauf ein Bein abgenommen werden mußte. 
Oft versteiften sich die Frauen ohne jede Notwendigkeit darauf, 
daß wir uns entblößten. Alle zwei Minuten wurden wir gefragt, 
ob wir nicht eine Notdurft zu verrichten hätten. Wir dachten uns 
dabei unser Teil, doch waren wir zu müde, um uns zu widersetzen oder 
zu beklagen. 
Im großartigsten aller Kriegsbücher läßt Karl Kraus einen Regiments- 
V erwundetenkultus 
Französische Postkarte, Sammlung A. Wulff, Leipzig 
144
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.