Volltext: Oberösterreich im Weltkrieg

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Von den Linzer Pionieren. 
Batterie, wie sie die Russen gern zu' Feuerüberfällen in Flanke und Rücken 
des Gegners verwenden. Die Pionierkompagnie sammelte sich wieder bei dem 
früher verlassenen Fahrwege; die Vorhut hatte mittlerweile den Gegner, abge¬ 
sessene Kavallerie, vom Orte Wislowice vertrieben und es sollte die weitere 
Vorrückung aufgenommen werden. Es fing schon an zu dämmern. Dies und die 
unserer Infanterie wenig geläufige Adjustierung der Pioniere mit Schanzzeug 
und über Schulter und Brust getragenem gerollten Mantel mochten die Ur¬ 
sache sein, daß die Vorhutkompagnie uns für den Feind hielt und plötzlich ein 
äußerst lebhaftes Feuer auf uns richtete. Dem Kompagniekommandanten gelang 
•es, die durch den Feuerüberfall geschaffene Unordnung augenblicklich zu be¬ 
seitigen; die Kompagnie bezog einen Graben als Deckung. Der Kompagnie¬ 
kommandant ließ Hornsignale geben, mit Tüchern winken, um das Einstellen 
des Feuers zu bewirken, alles vergeblich. Da sprang Zugsführer Kainberger 
kurz entschlossen aus dem Graben, durchlief im dichtesten Kugelregen die 
250 Schritte betragende Distanz und klärte den Irrtum auf. Er blieb wie durch 
ein Wunder unverletzt. Der Zugsführer wurde hiefür später mit der silbernen 
Tapferkeitsmedaille 2. Klasse belohnt. Das Detachement wurde nun wieder ge¬ 
sammelt, eintreffende Kavalleriepatrouillen meldeten starke russische Kavallerie. 
Die Pionierkompagnie hatte keine Munition mehr — die vorgeschriebene Anzahl 
für den Pionier ist 40 Patronen — und diese waren im Laufe des Tages ver¬ 
schossen worden. Unter dem Schutze der Dunkelheit marschierte die Kompagnie 
durch die Sumpfgegend nördlich Zamosc bei Vermeidung jeder Ortschaft, aus 
denen ihr öfters Salven nachgeschossen wurden, und erreichte um Mitternacht 
gänzlich erschöpft Sitaniec, wo sie den Anschluß an eigene Truppen wieder fand. 
Die Kompagnie hatte an diesem Tage nach 4stündiger Erdarbeit eine Marsch¬ 
leistung von 35 km hinter sich. 
Der Versuch eines gewaltsamen üidaüberganges bei ITlofkowice. 
Im Vormarsch an die Nida erreichten die Truppen der 1. Armee am 
18. Dezember 1914 dieses Tal. Nachdem die Kompagnie in der Nacht vom 19. 
auf den 20. Dezember Vorbereitungen für einen Übergang bei Kotlice getroffen, der 
jedoch abgesagt wurde, sollte in der folgenden Nacht die Nida bei Motkowice 
forciert werden. Es führt dort eine Dammstraße über das 2 bis 3 km breite 
gänzlich versumpfte Nidatal und die Russen hatten bei ihrem Rückzuge von den 
Brücken, die im Zuge dieser Dammstraße über die vielen Sumpfarme der Nida 
und über diesen Fluß selbst führen, drei zerstört. Am Abend des 20. Dezember 
erhielten nun die 5./2. Pionierkompagnie und die 1. Sappeurkompagnie den Befehl, 
Übergänge über den Fluß zu schaffen. Es war kein Kriegsbrückenmaterial vor¬ 
handen und das augenblicklich auffindbare Holzmaterial reichte gerade dazu, 
die drei Brücken für Infanterie passierbar zu machen. Hauptmann Moyses hatte 
den Befehl über beide technische Kompagnien übernommen und befohlen, daß 
die Sappeurkompagnie die zwei kurzen zerstörten Brücken wiederherstelle, 
während der Pionierkompagnie die Ausbesserung der ungefähr 60 m langen 
Brücke über den Hauptarm des Flusses zufiel. Durch den nächtlichen Frost 
war die Oberfläche des Sumpfes beiderseits der Dammstraße tragfähig genug 
geworden, so daß 2 Infanteriekompagnien des Infanterieregimentes 93, die am 
feindlichen Ufer 300 Schritte weit im Halbkreise vordrangen, die technischen 
Kompagnien gegen Überfall während der Arbeit sichern konnten. Um Mitter¬ 
nacht waren die Brücken für Infanterie passierbar und es begann der Übergang 
der Bataillone der 5. Infanterietruppendivision, der bis in die Morgenstunden dauerte. 
Sie hatten anfangs Erfolg und brachten eine russische Kompagnie und zwei 
Maschinengewehre gefangen zurück. Als es jedoch hell wurde, begann die 
russische Artillerie aller Kaliber das Feuer auf die Nidabrücke, so unserer 
Infanterie den einzigen Rückzugsweg verlegend, und gleichzeitig wurden unseren 
Bataillonen starke russische Kräfte in konzentriertem Angriff entgegen geworfen.
	        
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