Kriegsgefangene in Oberösterreich.
gerichtet. Die Offiziere, welche zum Unterschied von der Mannschaft eigene
Uniform tragen, müssen nicht arbeiten, nicht einmal ihre Zimmer abräumen,
denn das besorgen nämlich russische Soldaten.
Später habe ich auch andere Lager besucht, sie waren ebenso großartig
eingerichtet. Meiner Ansicht nach steht das österreichische Gefangenenwesen
außerordentlich hoch und die Gefangenen haben keine Ursache zu klagen
— tun es im allgemeinen auch nicht! Im Gegenteil haben sich alle, mit denen
ich in Berührung gekommen bin, sehr zufrieden erklärt. Gutes Essen, humane
Behandlung, große und helle Wohnungen — was kann wohl ein Gefangener
mehr begehren? Viele, besonders Russen, haben mir gesagt, sie beabsichtigen
nach dem Kriege in Österreich ihr Auskommen zu suchen. Daran würden sie
gewiß nicht denken, wenn sie hier schlecht behandelt würden. Ähnlich wie das
Lager in Wegscheid sind die Gefangenenlager in Mauthausen, Marchtrenk usw.
eingerichtet.
Es wäre zu wünschen, daß die Vorkämpfer für „Recht, Freiheit und Kultur”
ihre Gefangenen ebensogut behandeln wie die „Barbaren” die ihrigen — dann
brauchten die wirklich keine Not leiden, die das Leben behalten durften, aber
die Freiheit verloren haben !
Das Kriegsgefangenenlager in Fllaufhausen.
(Ein Neutraler über das Kriegsgefangenenlager Mauthausen.)
Das „Journal de Geneve“ hat eine tendenziöse Darstellung über die Behandlung
der italienischen Kriegsgefangenen in Österreich-Ungarn gebracht. Der Dele¬
gierte des schweizerischen Bundesrates Sigismund de Cur ten weist nun in
demselben Blatte diese Darstellung als unrichtig zurück. Er schreibt: „Da ich
Gelegenheit hatte, das Gefangenenlager von Mauthausen, wo italienische Kriegs¬
gefangene interniert sind, am 2. März d. J. zu sehen, halte ich es für ange¬
zeigt, den Lesern des „Journals de Geneve“ die Eindrücke eines Neutralen mit¬
zuteilen, die während des Besuches des Gefangenenlagers niedergeschrieben wur¬
den. Die Einrichtungen des Gefangenenlagers von Mauthausen sind vom Stand¬
punkte der Unterbringung der Gefangenen sowie der Hygiene und der Kranken¬
pflege allen jenen überlegen, die ich während meiner zahlreichen Besuche in
den Kriegsgefangenenlagern Frankreichs gesehen habe. Was die Verpflegung
betrifft, so muß unparteiisch anerkannt werden, daß die Lagerverwaltung, die
mehr als 20.000 Gefangene zu verpflegen hat, trotz der großen wirtschaftlichen
Schwierigkeiten, die sich aus dem Kriegszustände ergeben, ihr möglichstes
tut. Es hängt nicht von ihr ab, wenn die Ernährung nicht allzu reichlich ist.
Man kann vernünftigerweise nicht verlangen, daß ein Land, dessen Bewohner
auf knappe Portionen angewiesen sind, die Kriegsgefangenen besser verpflegt
als seine eigenen Bewohner. Dies war der Eindruck, den ich am 2. März emp¬
fing, ein Eindruck, der auch von zwei anderen neutralen Besuchern bestätigt
wird, und zwar vom Abb<5 Isseppi, welcher Delegierter des schweizerischen
Bundesrates bei den italienischen Kriegsgefangenen in Österreich ist, und von
dem holländischen Ordensgeistlichen Hugsmans, der vom Papst Benedikt be¬
auftragt war, den italienischen Gefangenen die Versicherung seiner väterlichen
Fürsorge zu überbringen. Ich will schließlich noch darauf hin weisen, daß die
österreichisch-ungarischen Gefangenen, die von Serbien nach Frankreich ge¬
bracht wurden, bestens verpflegt werden,“
Das k. k. Flüchtlingslager in Braunau a. I.
Das Flüchtlingslager, unweit Braunau a. I. an der Reichsstraße Braunau—
Ried gelegen, im Norden vom Innfluß begrenzt, umfaßt einen Flächenraum
von zirka 70 Joch. Mit dem Aufstellen der Baracken wurde Ende Juni 1915