Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

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Nördliche Kalkalpen. 
Südost ausgenommen. Hingegen läuft der Südrand des Ewigen 
Schnees ohne jede nennenswerte Ueberhöhung fort. Die einzelnen 
Felsköpfe, die da stehen, sind niedrige Buckel, welche die Firn 
fläche nur wenig überragen and mit den gewaltigen Wänden des 
Hohen Kreuzes, Niederen und Hohen Dachsteins und des Gjaidsteins 
nicht entfernt verglichen werden können. Ich habe nun beim Studium 
dieser Verhältnisse, nicht bloss in dem vorliegenden Fälle, sondern 
überall in den Alpen, den Eindruck erhalten, dass ein hoher Rand 
einen sehr grossen Einfluss auf die Erhaltung der Schneemassen in 
der betreffenden Mulde ausübt. Der Einfluss macht sich offenbar nach 
zwei Richtungen geltend, einmal wirkt die Beschattung, dann aber 
schützt ein höherer Rand vor dem Wegtreiben des Schnees durch den 
Wind, und dies möchte ich noch höher veranschlagen. Es leuchtet 
ein, dass auf dem Ewigen Schnee die Nord- und Nordwestwinde, die 
Schneebringer, eine Menge Schnee über den ungeschützten Rand 
hinwegblasen. Im Windschatten kommt er dann zur Ablagerung, aber 
nicht mehr auf dem Plateau, das nach Süd mit mehr als 1000 m 
hohen Wänden abstürzt, sondern an diesen Wänden, von wo er dann 
sofort in Form von Lawinen bis an den Fuss derselben gelangt, also 
in Tiefen, wo er, der Sonne ausgesetzt, früh im Jahre aufgezehrt 
wird. Man sieht diese Windwirkung an der südlichen Kante des 
Ewigen Schneefirnes sehr deutlich (vgl. Penck 1. c.). Dass / die im 
Rande stehenden flachen Felsbuckel, wie der Hochkönig, stets schnee 
frei bleiben, beweist am besten die fegende Gewalt des Sturmes. 
Ein hoher Rand übt also eine viel bedeutendere Wirkung aus, 
als durch das Mass des Flächenraumes, mit dem er in eine höhere 
Isohypse aufragt, ausgedrückt wird. Wäre der Südrand des Stei 
nernen Meeres geschlossener und durchschnittlich um 100 oder 50 m 
höher, so würde das Plateau bei gleicher Höhe, wie jetzt, doch ver 
gletschert sein. Das lehrt schon der Vergleich mit dem Pazieler- und 
Schindlerferner oder dem Canin, wo nur die Existenz eines Kammes 
allein schmale Firn streifen längs desselben erzeugt. Unter seinem 
Schutz würden die Firnflecken der obersten Wildalm auf dem Steinernen 
Meere sich zu einem Gletscher zusammenschliessen. 
Was vom Hallstättergletscher gesagt wurde, gilt im selben 
Grade auch, vom Gosauergletscher, der bei gleicher Randhöhe in einer 
noch viel tieferen Mulde liegt (siehe die Abbildungen Zsch. AV., 1881). 
Wenn wir schliesslich die Daten für die Höhe der klimatischen 
Schneegrenze in den nördlichen Kalkalpen zusammenstellen, so finden 
wir, dass die Plateaugletscher, Plattacherferner und Uebergossene 
Alpe übereinstimmend auf eine Höhe von etwa 2500 m hinweisen, 
wozu auch die Untersuchung der schneefreien Plateaus sehr gut stimmt. 
Man wird also die klimatische Schneegrenze in den nördlichen Kalk 
alpen (mittlerer Teil) auf rund 2500 m ansetzen dürfen, nicht aber, 
wie man aus der Betrachtung der Dachsteingletscher allein schliessen 
könnte, auf 2300 bis 2400 m x ). 
] ) In Haidinger, Berichte u. s. w., I, 8, schätzt Simony die Firnlinie auf 
nur 7500 Fuss — 2872 m.
	        
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