Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

Kaprunerthal. 
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an der Westseite, und daher kann sich ein etwas grösserer und regel 
mässiger gebildeter Thalgletscher entwickeln als im Oeden Winkel. 
Es ist dies der Karlingergl et scher, welcher in schönen Firnstufen 
von der Höhe von 3100 und 3200 auf die von 2000 m sich herabsenkt, 
schliesslich eine sehr regelmässige Zunge bildend, so dass er trotz des 
geringen Flächenraums von nur 460 ha doch ohne Zweifel als primärer 
Gletscher bezeichnet werden muss. Das Firnfeld ist mehrfach von 
steilen Felsstufen durchsetzt, über welche die oben gelagerten Firn 
massen sich herabstürzen. Das Ende der Zunge liegt in 2000 m Höhe 
auf dem flachen Kies des Mooserbodens. Von den 460 ha liegen 120 
(= 26 °/o) unterhalb der Höhenlinie von 2600 m, Verhältnis 1 : 2,83. 
Die Gründe einer so tiefen Lage sind dieselben wie beim Oedenwinkel- 
gletscher. Allerdings darf man nicht übersehen, dass auch eine niedrige 
Lage der Schneegrenze dazu kommen muss, um solche Verhältnisse zu 
erzeugen, und die starke orographische Begünstigung allein dazu nicht 
im Stande wäre. 
Obwohl das Gletscherende auf einem weiten, ganz ebenen Boden 
liegt, so finden sich doch im Thalgrund selbst keine ausgesprochenen 
Moränenringe. Einige Wallspuren in der Nähe der linken Thalwand, 
in Verbindung mit einer am rechten Thalgehänge erhaltenen Ufer 
moräne, gestatten die Schätzung, dass der Gletscher früher um 450 bis 
500 m länger war als im Jahre 1886. Eine von mir im Jahre 1880 
vorgenommene und 1886 wiederholte Vermessung ergab, dass der Glet 
scher in diesen sechs Jahren an der rechten Seitenmoräne sich um 
120 m, am Gletscherthor um 60 m, an der linken Seitenmoräne um 
79 m verkürzt hat. Das Einsinken ist sowohl auf der ersten Zungen 
stufe bei 2200 bis 2300 m, als besonders auf oberen bei 2400 bis 2500 m 
sehr bedeutend, so dass die Erklimmung der hier befindlichen hohen 
Ufermoräne zu den beschwerlichsten Teilen des Weges über das Riffel 
thor gehört. Nach Sonklar war der Gletscher Anfang der sechziger 
Jahre noch im entschiedenen Vorgehen und sollte sich „in den letzten 
20 Jahren“, also etwa von 1840 bis 1860, um fast 300 m verlängert 
haben. Hingegen sagt C. Hoffmann (Zsch. A.V., II, S. 311) dass 1869 
der Gletscher bereits seit „einigen Jahren“ im Rückgänge war. 
Der Karlingergletscher erhält von West her einen sehr eigen 
tümlichen Zufluss. Es ist das der Gletscher der > sogenannten Winter 
gasse, 96 ha gross, nach einer allerdings unsicheren Messung. Die 
Wintergasse ist ein etwa 3 km langes, nicht sehr stark geneigtes Thal, 
dessen Boden sich zwischen den Höhenlinien von 2300 und 2600 m 
hält. (Das im Thalschluss liegende Kaprunerthörl ist 2634 m hoch.) 
Trotz dieser tiefen Lage ist das ganze Thal mit einem Eisboden be 
deckt, der aber seinerseits wieder ganz von Schutt und Trümmerwerk 
eingehüllt ist, so dass auf den ersten Blick die Eisunterlage wohl über 
sehen werden mag. Lawinen, welche von der hohen und steilön süd 
lichen Thalwand niedergehen,. sowie einige Eislappen, welche aus dem 
Firnfeld des Karlingergletschers sich hierher herabsenken, dienen der 
Eismasse als Nahrüng, ein Firnfeld ist nicht vorhanden, die Beschattung 
ist bedeutend. Die rechte südliche Thalseite besteht nur aus kahlem 
Fels und Firn, die linke ist hoch hinauf begrast. Doch werden wir
	        
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