Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

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Oetzthaleralpen. 
gleich gebaut, nur liegt jedes folgende ein wenig höher als das frühere, 
die Grösse der zu ihnen gehörigen Firnmulden ist aber wesentlich 
verschieden, und zwar ist sie beim Gaisbergferner viel geringer 
als bei den anderen. Hingegen ist die Höhe der Umrahmung im 
ganzen bei dem letzteren grösser, das heisst etwa gleich hohe Gipfel 
stehen dichter gedrängt. Die Steilheit der Firnhänge ist also bedeuten 
der; auch darf man nicht vergessen, dass schon bei einer 25° geneigten 
Fläche die Verkleinerung durch die Horizontalprojektion der Karte 
etwa 10 °/ 0 beträgt, steilere Flächen also verhältnismässig grösser sind, 
als sie in der Karte erscheinen. Dazu kommt die stärkere Wirkung 
der Beschattung bei steilen Gehängen. Besonders in der südwestlichen 
Umrahmung des Firnfeldes bilden die Wände des Kirchenkogels viel 
leicht die höchste und schroffste Wandbildung, welche im inneren Oetz- 
thal vorkommt. Diese Umstände genügen, eine bedeutende Firnmasse 
auch auf kleinem Raum zu erzeugen und zu erhalten. Nun setzen 
aber die steilen Partien ganz unmittelbar auf einen Thalboden von 
2600 m und weniger ab. Die Zunge kann also nicht höher liegen 
als unter 2600 m. Auch bei den Nachbargletschern liegen die Thäler 
und somit die Zungen verhältnismässig tief, wenn auch nicht ganz so 
tief als bei dem Gaisberggletscher. Da aber ausserdem die Firnfelder 
wesentlich grösser sind, so gestaltet sich das Zahlenverhältnis ganz 
anders, und zwar so, dass der Langthalgletscher ebenso wie der Gurgier 
ungefähr das Normale der Oetzthalergletscher einhält (13,9 : 1), wäh 
rend der Rotmoos (6 : 1) bereits den Uebergang zum Gaisbergtypus 
bildet. 
Es ist auch hier leicht zu ersehen, dass der Gebirgsbau allein 
alle diese Unterschiede erzeugt. Zugleich auch, wie verfehlt- es ist, 
die durch orographische Gründe bestimmte Grenze von Firnfeld und 
Zunge mit der klimatologischen Schnee- oder Firngrenze zu vermengen. 
Das verhältnismässig enge Gaisbergthal mit seinen hohen Gipfeln, 
Firnbrüchen und Wänden hat einen Landschaftscharakter, der mit der 
ernsten, aber sanften Ruhe, welche dem übrigen Oetzthal eigen ist, 
nicht übereinstimmt. Im August 1886 zeigte der Gletscher einen 
Rückgang von 387 m von seiner letzten Stirnmoräne. Die linke Seiten 
moräne hat eine ausserordentliche Höhe, sie stammt von den oben 
erwähnten Abstürzen des Kirchenkogels. Der Rückgang ist für die 
geringen Ausmasse des Gletschers bedeutend; man sieht auch hieraus, 
dass man einen abweichenden T}~pus vor sich hat, der sich dem der 
Gletscher mit tiefliegendem Ende (Mittelberggletscher) nähert. In den 
Jahren 1859 bis 1860 ging der Gletscher jährlich um 3,75 m vor und 
hatte 1859 die alte Moräne erreicht, „an deren Entstehung sich nie 
mand erinnert“ (Triendl in Laurent, Uebersicht der Witterung in 
Oesterreich. Wien 1861). Hat also etwa 1860 der Rückgang be 
gonnen, so betrug er seither durchschnittlich im Jahre 14,8 m, was 
sehr bedeutend ist. Sonklar fand 1856 den Gletscher 69,5 m von der 
Moräne entfernt und glaubte daher, er sei im Rückgang. 
Es folgen zwar noch zwei ähnlich gebildete Thäler auf der rechten 
Seite des Gurglthales, doch sind sie zu kurz und die Umrahmung zu 
niedrig, als dass sich nennenswerte Gletscher entwickeln könnten.
	        
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