Hochjoch- und Hintereisgletscher.
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den Hintereisgletcher läuft. Jetzt liegt das unzugängliche Ende ge
wiss nicht viel unter 2400 m.
Von der Gletscherfläche liegen nur 21 ha = 1,7 °/ 0 unter der Linie
von 2600 (Verhältnis 58 :1), also nur der letzte steile und zugespitzte
Lappen. Die Grenze zwischen Firn und Zunge ist schwer zu ziehen;
am natürlichsten wohl in der Höhe von 2800 m. Dann fallen auf die
Zunge 205 ha, das Verhältnis der Teile wird 5:1. Doch darf man
nicht übersehen, dass der Gletscher als echter Jochgletscher auch eine
Abdachung nach der Südseite besitzt. Hier kommt es aber zu keiner
Zungenbildung, sondern die Firnfläche senkt sich nur ganz allmählich
von dem höchsten Uebergangspunkt mit 2900 auf 2760 m und bricht
hier plötzlich ab. Ein Abfluss nach dieser Richtung findet durchaus
nicht statt. Im Jahre 1856 soll der Gletscher noch vorwärts gegangen
sein. Schlagintweit folgert S. 145 aus der Auffindung mehrerer Huf
eisen in der Nähe des Hochjochferners, dass derselbe früher viel kleiner
gewesen sein müsse. Diese Folgerung ist nicht zwingend. Man säumt
auch jetzt wieder mit Maultieren über den Gletscher, ohne dass der
selbe wesentlich kleiner geworden wäre, als er vor Jahren war.
Dem Becken des Hochjochferners gehört auch noch der Latsch
gletscher mit 232,2 ha an. Derselbe bedeckt den Ostabhang des
sogenannten „Oberen Berges“, welcher den Hauptgletscher westlich
begleitet und vom Hintereisgletscher trennt. Trotzdem nun die Be
rührungslinie der beiden Gletscher auf eine lange Strecke hin mit der
Höhenlinie von 2900 zusammenfällt, so liegt doch die Schneelinie
hier so hoch, dass kein Zufluss vom Latschgletscher an den Hoch
jochferner erfolgt und der erstere als selbständiger Gletscher ange
sehen werden muss, der seinen eigenen Kreislauf besitzt und denselben
oberhalb der Linie von 2900 m vollendet.
Der Hintereisgletscher. Er gehört nicht ganz demselben,
jedoch einem nahe verwandten Typus an wie der Vorgänger. Der
gemeinsame Zug ist die geringe Neigung der Zunge und die Un
möglichkeit, mit dem Ende in eine tiefe Lage zu gelangen. Doch
ist das Firnfeld nicht so eben und an zwei Seiten mit höheren Gipfeln
umgeben (Weisskugel 3741, Langtaufererspitze 3548 m, die Hintereis
spitzen), die Zunge nicht verbreitert, hingegen der Länge nach ab
norm entwickelt. Obwohl das Firnfeld nur einen Flächenraum von
1068 ha besitzt, hat die Zunge von 2800 m ab, wo der eigentliche Be
ginn anzusetzen ist, 5612 m Länge, während die des Gepatschgletschers
bei einem Firnfeld von 1852 ha (über 2900) nur 5090 und die des
Mittelberggletschers bei einem Firnfeld von 1456 ha nur 3020 m
misst. Dabei ist die Breite (650 m) eher grösser als die der beiden
anderen. Wir sehen also, dass die geringe Neigung der Zunge eine
aussergewöhnliche Ausdehnung derselben bedingt. Es liegen daher
auch 30,9 °/o der Gesamtfläche des Gletschers in der Zunge, welche
330 ha misst. Man wird beim Studium dieser Verhältnisse leicht an
den Tasmangletscher erinnert, bei welchem auch ein kleines Firnfeld
eine übermässig breite und grosse Zunge entwickelt (Peterm. Mitt.,
Ergänzungsh. Nr. 75; siehe oben S. 46).
Die Senkung der Gletscherzunge zwischen den Höhenlinien