Volltext: Ein Volk in Waffen

kleinen Räume, in denen König Wilhelm I. 1867—1887 Jahr für 
Jahr einige Zeit zubrachte. Der Verwundete wurde von einem 
deutschen Arzt gepflegt, der die besten Hoffnungen für seine Wieder» 
Herstellung hatte, und von zwei barmherzigen Schwestern, von 
denen die eine französisch sprach. Auf meine Frage, ob er wir 
der Pflege, die ihm in Deutschland zuteil wurde, zufrieden sei, 
antwortete der Leutnant aus überzeugtem Herzen heraus mit Ja! 
Er lag in einem großen Bett, und sein Gesicht war kaum 
weniger bleich als die reinen weißen Bettlaken, aber er sah gut 
aus mit seinem kurzgeschorenen Haar, der edlen Nase, dem schwachen 
Schnurrbart über den seingeschnitteuen Lippen, und seine schwarzen 
französischen Augen erzählten von Lebenslust und scharfem Ver- 
stand. Er berichtete, er sei im Juni von Guinea heimgekehrt 
und habe gerade vor der Hochzeit gestanden, als der Krieg ans» 
brach und ihn von der Braut und den Eltern wcgriß. IN dem 
Gefecht bei Rofsignol in Belgien traf ihn die Kugel. Es war 
rin entsetzlicher Tag. Er kämpfte im Feuer der Granatm, Ma¬ 
schinen- und Handgewehre. Die Kugel drang ihm durch Knie 
und Unterschenkel. Er fiel und blieb die ganze Nacht auf dem 
Schlachtfeld liegen. Am nächsten Tag las ihn dir deutsche Am¬ 
bulanz auf, und er wurde etappenweise bis Ems befördert. End« 
August war Kaiser Wilhelm in Ems gewesen, und als er erfuhr, 
daß ein verwundeter Franzose da sei, hatte er ihn besucht. Der 
Leutnant erzählte, der Kaiser habe sich in ausgezeichnetem Fran¬ 
zösisch nach seiner Verwundung und seinem Befinden erkundigt. 
Ich sagte ihm, ich würde wahrscheinlich binnen kurzem dm Kaiser 
treffen und dann Seiner Majestät mitteilrn, welchen EindruÄ der 
hohe Besuch auf den Verwundeten gemacht habe. Als ich mich 
später des freiwillig übernommenen Auftrags entledigte, zeigte sich, 
daß der Kaiser sich sehr wohl des französischen Leutnants erinnert, 
und sich über seine voraussichtliche Genesung freute. 
Schließlich fragte ich den Kranken, ob ich ihm einen Dienst 
erweisen könnte, soweit das von den deutschen Behörden erlaub: 
sei. Er schien auf diese Frage gewartet zu haben. Tag und
	        
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